Krimi im Ersten

"Tatort: Die letzte Wiesn": Maß um Maß in den Tod

18.09.2015, 07.30 Uhr
von Detlef Hartlap
Ein Toter auf dem Oktoberfest: Die Hauptkommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) nehmen die Ermittlungen auf.
BILDERGALERIE
Ein Toter auf dem Oktoberfest: Die Hauptkommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) nehmen die Ermittlungen auf.  Fotoquelle: BR/Bernd Schuller

Auch das ist Oktoberfest: Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec lösen ihren 70. Fall als Tatort-Kommissare.

Leitmayr ist ein Nestflüchter. Anders kann man das nicht nennen, wenn ein Ur-Münchner wie er ausgerechnet zur Wiesn-Zeit seine Sachen packt, die Wohnung untervermietet und den nächsten Zug nach Italien nimmt. Nichts wie weg! In der U-Bahn hilft er noch schnell einem besoffenen Gast aus Italien auf die Beine. Versucht es wenigstens. Der Mann hat mehr als eine Maß über den Durst getrunken. Die Wiesn halt ...

Tatort-Folgen aus München werden kaum noch für sich allein angeschaut, sondern immer auch als Phänomen der Langlebigkeit. Die Kommissare Leitmayr und Batic, dargestellt von Udo Wachtveitl (56) und Miroslav Nemec (61) sind länger im Dienst als viele ihrer Fans alt. Ihren ersten Fall lösten Leitmayr und Batic am 1. Januar 1991. Seither sind sie fester Bestandteil des Wachsfigurenkabinetts, das sich Tatort nennt. Die letzte Wiesn, die neueste Folge, ist ihr 70. Fall.

Auf dem Oktoberfest, bayerisch "Wiesn", sterben die Leut'. Jüngere Männer vor allem. Auch der Italiener stirbt, nicht weil er maßlos viel getrunken hätte, sondern weil ihm jemand was ins Bier geträufelt hat. Bier und Gift, ein tödlicher Cocktail.

Sogwirkung des Fernsehens

Leitmayr weilt inzwischen in Italien und lässt es sich gutgehen. Batic hat seine Tanten aus Kroatien zu Besuch, ihm geht es womöglich noch besser. So dauert es, bis die Ermittlungen in Gang kommen, und als es so weit ist, hebt auch schon die Politik die Verantwortungskelle: Darf man eines der größten Bierfeste der Welt stören, gar unterbrechen? Weil es "Vorfälle" gegeben hat?

Die Fernsehkommissarskarriere von Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec begann im Frühjahr 1990 in einem Biergarten. Vorstellung, Bewerbungsgespräch, alles ganz normal. Nemec erinnert sich: "Ich sagte zu Udo, da gibt's was umsonst zu essen, da schauen wir mal hin."

Nemec hatte schon in "Derrick" mitgespielt, auch im "Alten", immer als Bösewicht. Wachtveitl war ein bekannter Kinderdarsteller. Dass sie beide engagiert werden könnten, damals im Biergarten, daran glaubten sie nicht. Wenn überhaupt würde wohl einer von ihnen genommen. Es ist dann anders gekommen.

"Zwei Tatöre und der Ex"

24 Jahre und 70 Tatort-Folgen später sind Wachtveitl und Nemec mit Leitmayr und Batic identisch geworden. Reine Glückssache, ob sie von Fremden bei ihrem Namen oder Rollennamen angesprochen werden. Ihr früherer und langjähriger Kollege Michael Fitz durfte Michael Fitz bleiben, weil er beizeiten aus dem Tatort ausgestiegen ist. Manchmal machen die drei noch gemeinsam Musik und treten als "Zwei Tatöre und der Ex" auf. Nemec ist von Haus aus Musikwissenschaftler und spielt Klavier. Wachtveitl hat Philosophie studiert.

Das Leben und die Sogwirkung des Fernsehens haben sie weit von ihren ursprünglichen Ambitionen entfernt. Alles Zufall, mehr oder weniger. Verträge mit dem Sender haben sie nie geschlossen. Nur Handschlagsvereinbarungen von Fall zu Fall. So ging es immer weiter. Mittlerweile arbeiten sie an ihrem 72. Tatort.

Die letzte Wiesn wird, wie so manche Folge, nicht sonderlich in Erinnerung bleiben. Mavie Hörbiger als Festzelt-Bedienung und alleinerziehende Mutter stiehlt den Kommissaren die Schau. Gisela Schneeberger als Zeltwirtin ist eine Wucht. Die Morde? Sie werden zuverlässig wie immer gelöst, ohne dass dem Oktoberfest ein nachhaltiger Schaden entstünde.

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