Angst um Gesellschaft

Jürgen Klopp besorgt über Meinungsfreiheit

29.07.2023, 12.12 Uhr

In einem Podcast hat Jürgen Klopp verraten, dass er sich um den Diskurs der heutigen Zeit sorgt. Der Trainer des FC Liverpool brach eine Lanze für Dieter Nuhr und erklärte, warum er dem ZDF viel zu verdanken hat.

Einen besonders prominenten Gast begrüßte Mathias "Matze" Hielscher zur Jubiläumsausgabe seines Interviewpodcasts: Jürgen Klopp beehrte die 250. "Hotzel Matze"-Ausgabe und gab dabei ebenso offen wie aufgeräumt Auskunft über sein Leben, seine Karriere und seine Sicht auf die Welt. Dass er ein aufbrausender, emotionaler Typ sei, beteuerte der Trainer des FC Liverpool, sei nur ein "Trugbild". Der 56-Jährige versicherte lachend: "Ich bin ein extrem ruhiger Zeitgenosse. Nur halt nicht am Spielfeldrand."

Dass es in Jürgen Klopp bisweilen gefährlich brodeln kann, lässt sich vor allem nach Pleiten seiner Mannschaften beobachten. Große Niederlagen, etwa in einem Champions-League-Finale, seien "in dem Moment nicht cool" räumte er ein, hätten "in der Gesamtbetrachtung" für ihn aber keine Relevanz. "Was wäre das für eine Welt, wenn es nur Gewinner gäbe?", fragte Klopp sein Gegenüber rhetorisch. Es müsse auch Menschen geben, die mal verlieren, und vor allem solche, "die es immer wieder versuchen". Er habe gar kein Problem damit, zu letzterer Gruppe zu gehören. "Mein Leben ist viel besser, als ich es mir jemals hätte vorstellen können."

ZDF-Expertenjob hatte "einen großen Einfluss" auf Jürgen Klopps Karriere

Dem bekennenden Nicht-Fußballfan Hielscher schilderte Klopp, wie er quasi "über Nacht" Trainer des damaligen Zweitligisten Mainz 05 wurde und über einen Expertenjob beim ZDF zu großer Popularität gelangte. "Ich war jung und wollte unbedingt als Trainer wahrgenommen werden. Und nicht als der Fernsehfuzzi", erinnerte sich Klopp an seinen Zwiespalt. Rückblickend sehe er aber, dass das von viel Fußballeuphorie in Deutschland begleitete ZDF-Engagement "wahrscheinlich einen großen Einfluss auf meine Karriere hatte". Er habe sich das nur ungern eingestanden. Es habe ja nicht der Eindruck entstehen sollen, er habe sich "in seinen Job gequatscht".

Heute ist der zweimalige FIFA-Welttrainer des Jahres zum Glück "sehr unabhängig von der öffentlichen Meinung", wie er beteuerte. Sein Erfolg sei schließlich "metrisch" messbar. "Ich habe zum Glück noch dieses Feld, wo ich Taten sprechen lassen kann, ich kann mich in einem Rahmen bewegen, wo ich wahrscheinlich nicht politisch inkorrekt werde", ließ der gebürtige Stuttgarter kritische Anmerkungen über die heutige Medienlandschaft folgen.

"Ich verstehe gar nicht, wie man heute noch in den Medien arbeiten kann"

Er "verstehe gar nicht, wie man heute noch in den Medien arbeiten kann", machte der Fußballlehrer seine Entfremdung vom öffentlich geführten Diskurs deutlich. Man bewege sich dort immer auf einem "Drahtseil". Als Beispiel nannte er Comedians, die sich plötzlich für zehn Jahre alte Witze verantworten müssten – nach dem Motto: "Damals hast du das gesagt – das geht nicht mehr." Klopp weiter: "Wann ist es passiert, dass man keine Fehler mehr machen kann, ohne dass man wenigstens fünf Jahre jeden Tag daran erinnert werden muss?"

Klopp sieht offenbar den Spielraum für öffentliche Äußerungen stark verengt. "Wer hat denn die Freiheit zu sagen, was er will? Harald Schmidt vielleicht oder Markus Krebs", fielen ihm zwei Entertainer ein. Aber grundsätzlich sei es "echt schwierig". So habe der Kabarettist Dieter Nuhr "mit 98 Prozent der Dinge, die er sagt", in seiner Wahrnehmung recht. "Zwei Prozent kann man drüber diskutieren. Aber das macht ihn ja nicht zum schlechten Menschen." Dennoch werde "von allen Seiten" auf den Komiker "gefeuert", sodass sich Klopp inzwischen frage: "Was ist denn passiert? An welchem Tag wurde ich zu alt für den Scheiß?"

"Wenn mich der Verein morgen rausschmeißt, geht's mir trotzdem gut."

Er selbst sieht sich – wiewohl als Person des öffentlichen Interesses – in einer ungleich komfortableren Situation. Kritik an seiner Trainerleistung habe für ihn "keine Relevanz", denn: "Kriege ich ja nicht mit." Nach Spielende eine Niederlage vor Reportern erklären zu müssen, sei zwar "echt schwierig – vor allem, wenn man es nicht auf die Mannschaft schieben will". Doch zum Glück sei die Zeit vorbei, "wo mich das existenziell betreffen würde. Wenn mich der Verein morgen rausschmeißt, geht's mir trotzdem gut."

Trete jemand im Fernsehen, Radio oder Podcast auf und Menschen nähmen auf Social Media Anstoß an dem Gesagten, verhalte sich das anders: "Dann bist du raus, und das ist Druck. Und den habe ich nicht, denn das nächste Spiel wird definitiv stattfinden."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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