Geheimnisdienstmekka Bonn

ARD-Miniserie über Intrigen im Geheimdienstmilieu der 50er-Jahre

28.07.2023, 12.00 Uhr
von TB
Die ARD-Serie  erzählt von rivalisierenden Geheimdiensten und einem dunklen Familiengeheimnis zur Zeit des Kalten Krieges.
Die ARD-Serie erzählt von rivalisierenden Geheimdiensten und einem dunklen Familiengeheimnis zur Zeit des Kalten Krieges.  Fotoquelle: ARD/Kai Schulz

1954 treffen in Bonn gegensätzliche Interessen aufeinander. Während der Chef des Bundesverfassungsschutzes, Otto John, fieberhaft nach untergetauchten Nazi-Größen suchen lässt, tut Reinhard Gehlen mit der nach ihm benannten Organisation alles, um Deutschlands Größe wiederherzustellen. In dieses Spannungsfeld gerät die junge Antonie Schmidt und entdeckt bald, dass die deutsche Geschichte und Zukunft mit düsteren Familiengeheimnissen verknüpft sind.

„Bonn – Alte Freunde, neue Feinde“ ist eine sechsteilige Serie, die im Jahr 2023 erschien und im Januar erstmals in der ARD zu sehen war. Die Inszenierung übernahm Claudia Garde, die vor allem als Tatort-Regisseurin bekannt ist. Gemeinsam mit Peter Furrer und Martin Rehbock hat sie auch das Drehbuch geschrieben.

Hervorragende Schauspieler in packender Geschichtsstunde

Die größte Stärke der Mini-Serie ist die Art und Weise, wie deutsche Nachkriegsgeschichte spannend erzählt und lebendig wird. Dazu dienen reale historische Fakten als Basis, die die Drehbuchautoren ausschmücken. Dazu kombinieren sie reale Figuren – etwa Otto John oder Reinhard Gehlen – mit fiktiven Charakteren wie Antonie Schmidt. Einige Aspekte sind leicht verfremdet, andere sind – meistens plausibel – interpretiert. Das Ergebnis ist ein stimmiges und packend dargestelltes Bild des Nachkriegsdeutschlands der 1950er Jahre und der Konflikte, die in dieser Zeit virulent waren.

Dass die Serie so gut funktioniert, liegt auch an vielen tollen Schauspielerinnen und Schauspielern. Hier sind neben Mercedes Müller, die als Antonie Schmidt charmant und glaubhaft agiert, vor allem Sebastian Blomberg und Martin Wuttke zu nennen, die die Gegenspieler John und Gehlen verkörpern. Zwar ähneln beide äußerlich den historischen Figuren kaum. Dank ihres nuancierten Schauspiels gerät das aber zur Nebensache. Darüber hinaus gelingt es „Bonn – Alte Freunde, neue Feinde“, das Publikum eindrucksvoll in die 1950er zu versetzen. Möglich machen das die Kombination aus Computereffekten – mit denen etwa die Fassaden von Gebäuden realistisch historisiert wurden – und der detailreichen Ausstattung. So stand etwa für Komparsen und Mimen eine vierstellige Anzahl von Kostümen in historischer Optik zur Verfügung.

Herz-Schmerz und Unstimmigkeiten

Was im Großen überzeugt, funktioniert im Kleinen leider nur bedingt. So sind zwar die Ereignisse, die die junge Bundesrepublik betreffen – von der Jagd nach Nazi-Größen bis zu Verschwörungen – gut erzählt. Für die persönlichen Beziehungen zwischen den fiktiven Figuren gilt das aber nicht immer. Da gibt es zuweilen etwas viel Herzschmerz und es gelingt dabei auch nicht immer, die Klippen des Kitschs zu umschiffen.

Vor allem gegen Ende mehren sich zudem die Unstimmigkeiten in der Handlung und im Verhalten einiger Figuren. Da drängt sich der Eindruck auf, dass ein möglichst dramatisches Finale wichtiger als ein realistisch wirkender Abschluss gewesen zu sein scheint. Auch die inszenatorische Qualität lässt etwas nach. Diesbezüglich beginnt die Serie mit einem Paukenschlag und schließt dann nur noch mit einem leisen Trommelwirbel.

Unter dem Strich ist „Bonn – Alte Freunde, neue Feinde“ ein gelungener Ausflug in die deutsche Nachkriegshistorie, der vor allem in Sachen Optik, Schauspiel und Bearbeitung des historischen Stoffs überzeugt. Trotz einiger Schwächen hätte die Serie einen Nachschlag – gerne mit etwas weniger Herzschmerz – verdient. Denn es gibt nicht nur zu Otto John und Reinhard Gehlen, sondern auch zu den Vorkommnissen in der jungen Bundesrepublik viel Spannendes zu erzählen.

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