"Tatort"-Star im Interview

Ferdinand Hofer gibt Einblicke in den "coolsten Fall in diesem Jahr"

27.10.2023, 15.14 Uhr
von Franziska Wenzlick

Seit 2014 schlüpft Ferdinand Hofer in die Rolle des sympathischen Jungkommissars Kalli im Münchener "Tatort". Im Interview gibt der Schauspieler Einblicke in die aktuelle Krimi-Folge und erklärt, warum es für Kalli der "coolste Fall in diesem Jahr" wird und warum das für ihn nicht so ist. 

Mit gerade einmal 30 Jahren zählt Ferdinand Hofer im Schauspielgeschäft längst zu den alten Hasen. Seit 2014 ist er als sympathischer Jungkommissar Kalli Hammermann ebenso fester Bestandteil des Münchner "Tatorts" wie die alteingesessenen Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl). Zudem ist der gebürtige Oberbayer, der sein Schauspieldebüt 2006 in Marcus H. Rosenmüllers Komödie "Schwere Jungs" gab, neben seinen "Tatort"-Auftritten auch für seine Rolle als Max Simmerl in den "Eberhofer"-Krimis bekannt. Im Interview spricht Hofer auch über den aktuellen Münchner "Tatort: Königinnen" (Sonntag, 29. Oktober, 20.15 Uhr, im Ersten), in dem es um einen Mordversuch beim "Gipfeltreffen bayerischer Produktköniginnen" geht.

prisma: Vorab: Wenn Sie sich selbst als Produktkönig krönen könnten, welcher wären Sie? Der König der Brezn, der Herrscher über Weißbier oder vielleicht der Monarch des Leberkäs?

Ferdinand Hofer: Ich wäre gerne Karpfenkönig. Einfach nur, weil es gut klingt (lacht).

prisma: In "Tatort: Königinnen" spricht Ihre Figur Kalli vom "coolsten Fall in diesem Jahr". Sehen Sie das genauso?

Hofer: Klar, die Figur Kalli findet das ganze Spektakel um den Königinnentag natürlich witzig und cool. Aus Schauspielerperspektive würde ich das wahrscheinlich ein bisschen anders betrachten. So herausfordernd in der Dramatik und Emotionalität wie andere Fälle war dieser Film für mich nicht. Es gibt immer wieder Szenen, die mir körperlich oder emotional mehr abverlangen als andere. Der neue Fall war für mich hingegen vor allem deshalb spannend, weil wir in eine Welt eingetaucht sind, zu der ich sonst keinen Zugang habe. Mir waren Produktköniginnen ein Begriff, aber so intensiv habe ich mich vorher nicht damit auseinandergesetzt.

"Jeder Film hat seine schönen Momente"

prisma: Im "Tatort: Hackl" standen Sie im Frühjahr bereits mit Joshua Kimmich vor der Kamera. Wie aufgeregt waren Sie?

Hofer: Es war auf jeden Fall etwas Besonderes. Ich bin nicht mehr unbedingt der leidenschaftlichste Fußballfan, aber Joshua Kimmich ist auch für mich ein Idol. Deswegen war es sehr aufregend. Genau das macht es so grandios, Teil des "Tatorts" sein zu dürfen: Jeder Film hat seine schönen Momente. Irgendetwas gibt es immer zu erleben. Dieses Mal war es eine große Ehre, mit Wolfgang Fierek und Veronica Ferres zusammenarbeiten zu dürfen.

prisma: Schauen Sie sich manchmal noch etwas von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen ab?

Hofer: Ich hole mir meine Inspiration eher im Alltag, zum Beispiel in der Bahn. Wenn ich mich auf eine Rolle vorbereite, hilft mir das. Ich erinnere mich dann an bestimmte Eigenheiten und Situationen, die ich – quasi unterbewusst – beobachtet habe. Natürlich kann es auch mal vorkommen, dass man sich etwas von anderen Schauspielerinnen und Schauspielern abschaut, aber bei Dreharbeiten mache ich das eher weniger. Trotzdem habe ich sicherlich davon profitiert, in den letzten Jahren sehr viel drehen zu dürfen. Vieles habe ich direkt in der Praxis gelernt. Ich stehe aber nicht am Set und notiere mir, was Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec alles so machen (lacht).

prisma: Wie hat sich Ihre persönliche Beziehung zu den Hauptkommissaren im Laufe der Jahre entwickelt?

Hofer: Das Verhältnis war immer sehr gut. Schon 2014, als ich neu im Team war, haben sie mich sehr offen und herzlich aufgenommen. Da wurde nie versucht, mich auflaufen zu lassen oder dergleichen. Über die Zeit hat sich das zu einem freundschaftlichen Verhältnis entwickelt, wir sind total auf Augenhöhe. Das könnte auch daran liegen, dass die beiden "Altkommissare" sich vermutlich nicht so alt fühlen, wie sie es auf dem Papier sind (lacht).

"Interessante Erfahrungen aus Überheblichkeitsgründen auszulassen, ist nicht meine Art"

prisma: Im kommenden Jahr feiern Sie Ihr Jubiläum – Sie sind dann zehn Jahre dabei. Denken Sie manchmal darüber nach, weiterzuziehen?

Hofer: Ein Jahrzehnt ist eine lange Zeit. Natürlich überlegt man dann auch immer mal wieder, wie es weitergeht. Ich habe tatsächlich immer Lust auf Neues. Momentan befinde ich mich jedoch in einer recht glücklichen Position, denn der "Tatort" macht mir nach wie vor wahnsinnig viel Spaß. Dazu kommt, dass mir durch meine Rolle ja kein Nachteil entsteht. Der "Tatort" blockiert mich nicht, ich kann jederzeit nebenbei neue Sachen ausprobieren.

prisma: Sie bleiben dem Münchner Team also vorerst erhalten?

Hofer: Ja, ich bin schließlich sehr zufrieden mit meiner Situation. Klar: Als Schauspieler und auch als Mensch entwickelt man sich weiter. Ich kann nicht in die Zukunft blicken. Zurzeit bietet mir aber auch der "Tatort" selbst immer neue Herausforderungen, langweilig wird mir also nicht.

prisma: So mancher Schauspieler in Ihrer Position würde sich nur auf große Produktionen konzentrieren. Gibt es Projekte, die Sie prinzipiell ausschließen?

Hofer: Nein. Ich sehe jede Rolle als neue Möglichkeit, etwas zu lernen. Bei jedem neuen Projekt kann man an sich selbst arbeiten. Interessante Erfahrungen aus Überheblichkeitsgründen auszulassen, ist nicht meine Art. Ich stehe bei vielen Hochschulproduktionen vor der Kamera. Mit solchen Studentenfilmen verdient man eigentlich gar nichts und erreicht in der Regel einen Bruchteil der Menschen, die den "Tatort" sehen. Ich lerne dadurch aber sehr viel. Dazu kommt, dass ich mich nicht auf ein Genre festlegen möchte.

"Mist, hier hätte ich gerne mitgespielt"

prisma: Das klingt fast, als hätten Sie Krimis langsam satt.

Hofer: Auf keinen Fall. Trotzdem würde ich gerne auch mal eine völlig neue Richtung einschlagen. Ich bin ein großer Fan von Serien und jungen, innovativen Formaten. Auch aus Schauspielersicht. Als ich im Frühjahr "Sonne und Beton" im Kino gesehen habe, dachte ich mir: "Mist, hier hätte ich gerne mitgespielt." Und dann gibt es natürlich noch die ganz großen, internationalen Produktionen – von denen träumen wohl die meisten Schauspieler, auch ich (lacht). Für die nächste Produktion, eine Coming-of-Age-Serie namens "School of Champions", hat es mich jetzt erst einmal nach Österreich in ein Elite-Skiinternat verschlagen. Die Serie wird voraussichtlich Anfang 2024 in der ARD Mediathek und im BR zu sehen sein.

prisma: In einer Hinsicht unterscheiden Sie sich von vielen Ihrer Kollegen: Sie haben Wirtschaftsingenieurswesen studiert, während Sie bereits für den "Tatort" vor der Kamera standen. Was war der Grund für den Umweg?

Hofer: Nach dem Abitur wollte ich eigentlich Medizin studieren, auch, weil ich damals schon länger als Sanitäter im Rettungsdienst tätig war und gerne Menschen helfen wollte. Leider machten mir meine Noten einen Strich durch die Rechnung (lacht). Die Schauspielerei war aber schon immer meine Leidenschaft, allerdings wollte ich ungern immer darauf angewiesen sein, dass jemand an mich denkt. Als Schauspieler hat man nur begrenzt die Möglichkeit, eigene Projekte anzustoßen – vor allem, wenn man in der Branche noch nicht wirklich Fuß gefasst hat. Durch mein Studium habe ich mir diesbezüglich den Druck genommen.

prisma: Sie wollten sich also die Möglichkeit offenhalten, eigene Filme zu produzieren?

Hofer: Genau. Falls ich mit 50 keine Lust mehr haben sollte, vor der Kamera zu stehen, wechsle ich eben die Seiten. Außerdem hat mir das Studium eine gewisse Freiheit gegeben. Ich musste nie Existenzängste haben, nur weil ich eine Rolle nicht bekommen habe – einfach, weil ich wusste, dass ich im Zweifelsfall auch andere Optionen habe. Mit dem "Tatort" hat es dann ja aber glücklicherweise ohnehin geklappt.

"Es gab nie viel negatives Feedback"

prisma: War Ihre Bekanntheit während Ihres Studiums ein Hindernis?

Hofer: Nein, auf keinen Fall. Natürlich war das schon immer mal wieder ein Thema. Probleme hatte ich deshalb aber nie.

prisma: Hat sich die Resonanz der Zuschauer verändert, seit Sie Ihren ersten "Tatort"-Auftritt hatten?

Hofer: Es gab nie viel negatives Feedback. Gerade am Anfang hat mich allerdings schon der ein oder andere Kommentar getroffen. Zugegeben: Mir war früher nicht ganz klar, wie groß der "Tatort" eigentlich ist (lacht). Erst nach meinem ersten Fall wurde mir so richtig bewusst, welchen Stellenwert die Reihe hat. Mit dieser Menge an Feedback hatte ich also nicht gerechnet. Nach meinem ersten Auftritt erschienen ein paar Artikel, die nicht wirklich konstruktiv waren und beispielsweise mein Äußeres kommentierten. Im ersten Moment hat mich das dann schon etwas beschäftigt.

prisma: Und heute?

Hofer: So etwas habe ich schon sehr lange nicht mehr erlebt. Im Moment ist das meiste positiv. Das freut mich natürlich sehr. Klar findet sich im Internet immer mal wieder ein dummer Kommentar, aber das lese ich mir heute auch nicht mehr so genau durch. Das ist schließlich auch ein Problem unserer Zeit: Früher hätten die Leute beim Fernsehen auf dem Sofa gelästert, heute kann jeder alles in die Welt hinausposaunen. Auf der anderen Seite hat man als Schauspieler mittlerweile eben auch mehr Möglichkeiten, sich eine Stimme zu verschaffen. Ganz verkehrt ist das auch nicht.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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