Film im Ersten

"3 Tage in Quiberon": Marie Bäumer als Romy Schneider

29.05.2022, 11.01 Uhr
von Jasmin Herzog

Marie Bäumer brilliert in "3 Tage in Quiberon" als Romy Schneider. Die Schauspielerin machte einst in dem bretonischen Kurort eine Entziehungskur - und gab eines ihrer letzten Interviews.

ARD
3 Tage in Quiberon
Drama • 30.05.2022 • 00:05 Uhr

"Ich versuche gerade aus so einer Art Zwangsjacke auszubrechen", sagt Romy Schneider in einem ihrer letzten Interviews vor ihrem viel zu frühen Tod im Alter von 44 Jahren. Marie Bäumer, die der einzigartigen Schauspielerin ungewöhnlich ähnlich sieht, verkörpert "die Schneider" in "3 Tage in Quiberon" – und meistert diese schwierige Aufgabe mit Bravour, denn sie fühlt sich in die Essenz dieser widersprüchlichen Frau ein. Dennoch schrammt Regisseurin Emily Atef haarscharf daran vorbei, wirklich einen Blick hinter die Fassade Romy Schneiders zu werfen. Sehenswert ist die Einfraushow, die das Erste nun kurz nach Mitternacht am Sonntag wiederholt, dennoch.

1981 macht die in einer tiefen Lebenskrise steckende, tabletten- und alkoholabhängige Romy Schneider im bretonischen Kurort Quiberon eine Entziehungskur. Ihre Sandkastenfreundin Hilde (großartig: Birgit Minichmayr) besucht sie dort für drei Tage, doch Romy hat noch weitere Gäste eingeladen: Dem von ihr geschätzten Fotografen und langjährigen Freund Robert Lebeck (Charly Hübner), der mit dem "Stern"-Reporter Michael Jürgs (Robert Gwisdek) im Schlepptau auftaucht, hat sie Fotos und ein Interview versprochen.

"Ich bin eine unglückliche Frau von 42 Jahren", sagt Romy Schneider in ihrer entwaffnend-freimütigen Art dem jungen Reporter zu Beginn seines legendären Interviews. Der zynische Vertreter der bundesdeutschen Mehrheitsmeinung scheut sich dennoch nicht, sie zunächst mit Vorwürfen zu überziehen, sie nach ihrem Ex-Mann zu fragen, der sich vor kurzem erhängt hat. Man nimmt Gwisdek den zunächst skrupellosen Reporter, der die Geschichte seines Lebens wittert, bedingungslos ab.

Romy Schneider starb ein Jahr später

Romy raucht, redet freimütig von ihren großen Schwierigkeiten, Privatleben und Beruf zu vereinbaren, und säuft den ihr angebotenen, verbotenen Champagner während der dreitägigen Interviewsessions. Hilde versucht mehrmals, ihre Freundin vor dem Pressehai zu warnen und das Gespräch abzubrechen. Doch der vielschichtige Star will davon nichts wissen, möchte sich womöglich gerade durch seine schonungslose Offenheit am deutschen Publikum, das Romy immer noch verbiestert-hartnäckig an ihrer unschuldigen Sissi-Rolle misst, rächen. Vielleicht fällt sie aber auch wieder nur ihrer eigenen Unfähigkeit, sich selbst zu schützen, zum Opfer. Oder es ist eine Mischung aus beidem – dieses Geheimnis vermag auch der Film nicht zu lüften.

Auf der anderen Seite verbringt Romy Schneider mit ihren vermeintlichen Freunden einen glückseligen Abend in einer Hafenbar, bezaubert mit ihrer kindlichen Freude alle Anwesenden und tanzt mit einem Clochard (Denis Lavant). Lebeck dokumentiert dies alles begeistert mit seiner Kamera. Hübner als den charismatischen Fotografen zu besetzen, funktioniert leider nicht auf allen Ebenen: Wenn Romy ihn "le beau" nennt, wirkt das ein wenig lächerlich, denn erotisches Knistern spürt man zwischen den beiden nun wirklich nicht.

Nur ein Jahr später stirbt die in die Rolle der Schmerzensfrau gedrängte, zutiefst menschliche Romy an Herzversagen. Atefs unter anderem mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnetes Werk stellt klar heraus, dass viele Menschen aus dem Umfeld der Schauspielerin, auch ihr gnadenloses Publikum, sich hätten fragen müssen, was ihr Anteil daran war.

3 Tage in Quiberon – So. 29.05. – ARD: 00.05 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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