Im Podcast "Lanz & Precht"

Markus Lanz und Richard David Precht berichten offen über ihre frühere Geldnot: "demütigend!"

16.07.2023, 06.35 Uhr

In der neusten Ausgabe ihres Podcasts besprachen Markus Lanz und Richard David Precht das Thema Geld. Beide sprachen über die Zeit, als sie mit weniger Geld klarkommen mussten, ihre Sympathie für Lotto-Millionär Chico und die soziale "Zeitbombe" der zunehmenden Einkommensungleichheit.

Mal kein aktuelles politisches Aufregerthema nahmen sich Markus Lanz und Richard David Precht für die neue Folge ihres vom ZDF produzierten Podcasts vor – sondern ein eher zeitloses. Und doch war es eines von größter Brisanz, wie Precht, vielfach Shitstorm-geplagt, gleich eingangs der inzwischen 97. Ausgabe von "Lanz & Precht" prophezeite. "Du weißt, dass man uns dafür öffentlich hinrichten wird: Zwei mutmaßliche Millionäre schwadronieren über Geld."

"Ich habe das immer als wahnsinnig demütigend empfunden, kein Geld zu haben"

Inwieweit die "mutmaßlichen" Millionäre auch tatsächliche sind, wurde auf den Centbetrag zwar nicht offengelegt. Dennoch räumte ZDF-Star Lanz ein: "Wenn Leute immer sagen, Geld macht nicht glücklich, dann kann ich aus meinem Leben berichten: unglücklich aber auch nicht." Vorsichtshalber betonten beide, sie hätten in jungen Jahren ganz andere Zeiten erlebt. Sie würden das Gefühl zu gut kennen, nicht sicher zu sein, ob der Geldautomat die Karte wieder auswirft.

"Ich habe das immer als wahnsinnig demütigend empfunden, kein Geld zu haben", erinnerte sich Lanz, der offenbar sehr wenig begütert ("immer gleiche Jacke, immer gleiche Schuhe") in Südtirol aufwuchs. "Dein ganzes Leben besteht darin, Taktiken zu entwickeln, um zu verdecken, dass du einfach kein Geld hast." Das sei – zumal für ein Kind – "wirklich hart".

Richard David Precht bei "Wer wird Millionär?"

Richard David Precht hatte sich in seiner Geldnot als junger Mann einst bei "Wer wird Millionär?" beworben. Lanz googelte dazu das passende Beweisfoto, das er im Podcast naturgemäß nur beschreibend vermitteln konnte. "Ich sehe aus, als wäre ich auf der Durchreise", bekannte sich Precht selbstironisch zu alten Modesünden und erklärte, warum er es nicht auf den Quizshow-Stuhl geschafft hatte: "Ich habe versagt in der ersten Runde."

Damals hätte Moderator Günther Jauch die Angewohnheit gepflegt, mit dem Studioleiter formal um einen 5-Euro-Schein zu wetten, wie viele Kandidaten die Eingangsfrage richtig beantworten würden. "Das ist ne Hilfe", erklärte der Philosoph und Bestsellerautor. Man könne daraus ableiten, ob man bei einer vermeintlich leichten Frage schnell sein müsse oder sich zur Beantwortung einer schwierigen Frage mehr Zeit lassen könne.

In seinem Fall hätten beide verlautbart: "Das kann kein Mensch." Entsprechend sorgsam habe Precht vier Ereignisse der 80er-Jahre in die richtige zeitliche Reihenfolge gebracht. Es gelang "in einer relativ überschaubaren Zeit", doch ein anderer war schneller – er hatte in nur vier Sekunden geraten.

"Ich kann mit diesen Neiddebatten nie was anfangen"

In seinem Ansinnen, Reichsein vom Neidstigma zu befreien, adelte Markus Lanz nach der Quizshow-Anekdote erst den Dortmunder Lotto-Millionär Kürsat "Chico" Yildirim ("Das Erfrischendste im Umgang mit Geld, was ich seit langer Zeit gehört habe"), um dann eine Lanze für den Bundesfinanzminister zu brechen. "Ich kann mit diesen Neiddebatten nie was anfangen, wenn gelästert wird über den Porsche-Fahrer Christian Lindner und so weiter", bekräftigte der ZDF-Talker. Er sehe vielmehr die Profiteure hinter so einem Luxuskonsum: "Wie viele Menschen haben Arbeit, weil ein anderer bereit ist, 200.000 Euro für ein Auto auszugeben? Lass ihn doch! Warum muss man diese Gegenpole immer aufmachen?"

Nicht nur die "Neiddebatten" werfen nach Ansicht der befreundeten Podcaster kein gutes Licht auf Deutschland. Auch eine andere Kennzahl fanden beide sehr aussagekräftig. Wenngleich er die aufgeschnappten Zahlen so genau nicht "verifizieren" könne, lasse sich laut Markus Lanz tendenziell festhalten: "Neun der zehn reichsten Amerikaner sind Gründer, neun der zehn reichsten Deutschen sind Erben." Das sage viel über eine Gesellschaft aus, bestätigte Precht. Die Zahl sei "ein guter Indikator für Aufsteigergesellschaften". In den USA sei offenbar nach wie vor der Pioniergeist groß.

Einkommensschere als "Zeitbombe" für die Gesellschaft

Die Kehrseite: Geld fördert Ungleichheit, auch und gerade in den USA, wie Lanz betonte: "Es gibt immer das eine Prozent, das obszön reich ist, und der ganze Rest muss schauen, wo er bleibt." Das erkannte auch Precht als großes Problem unserer Zeit. Dass Einkommensverhältnisse sehr stark auseinandergehen, sei inzwischen nicht nur bei Schwellenländern der Fall, sondern "leider zunehmend auch in etablierten liberalen Demokratien". Dort wachse dann das Gefühl eines großen Teils der Bevölkerung, dass es nicht mit rechten Dingen zugehe, "und das kann man ihnen auch nicht verdenken".

Die stabilsten Länder seien umgekehrt diejenigen mit einer sehr breiten Mittelschicht wie die skandinavischen Länder oder Luxemburg. Hingegen sei es für jedes Land "eine Zeitbombe, wenn die Einkommensverhältnisse zu stark auseinandergehen und zweitens: wenn die Aufstiegschancen nachlassen". "Um aus Geld Geld zu machen", also etwa ein Millionen- oder Milliardenerbe zu vermehren, brauche man nicht mal "schlau zu sein", sagte Precht, das würden findige Finanzberater erledigen.

Komme man jedoch in eine Situation, in der "die einen ihr Geld spielend vermehren und die anderen kaum noch zu welchem kommen, dann hat dieses Land ein riesiges Problem". Das jedoch sei genau die Situation, "in die wir reinschlittern". Die Debatte darum habe "gar nichts mit Neid zu tun". Wichtig wäre vielmehr, steuerpolitisch gegenzusteuern. Laut Precht wäre weniger die Einkommenssteuer, sondern vielmehr eine allgemeine Finanztransaktionssteuer der geeignete Hebel.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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