"Wem gehört mein Dorf?" – Wie Göhren zur Tourismus-Maschine wurde
Filmemacher Christoph Eder wurde in Göhren auf Rügen geboren. Eines Tages kaufte sich ein Großinvestor in das Ostseebad ein – und alles veränderte sich. Davon erzählt die preisgekrönte Doku "Wem gehört mein Dorf?".
Überall, wo es viel Geld zu verdienen gibt, zeigt sich der Mensch nicht unbedingt von seiner besten Seite. So auch im Ostseebad Göhren auf Rügen, einem alten Urlaubsidyll zwischen Bäderarchitektur und Meeresrauschen. Kurz vor der Wende wurde Filmemacher Christoph Eder hier geboren. Als kleiner Junge sah er dabei zu, wie sich seine Heimat veränderte. Graue Häuser wurden weiß – so weit, so gut. Doch plötzlich wurden auch Wälder gerodet und überall am Strand Häuser hochgezogen. Ein Großinvestor hatte sich im Dorf "eingekauft" und den Gemeinderat offenbar gleich irgendwie mit. Denn – alle Entscheidungen, selbst jene, die für Göhren offensichtlich schlecht waren, wurden dort schnell durchgewunken. Im vergangenen Jahr drehte Christoph Eder einen sehr persönlich gehaltenen Dokumentarfilm über das bitterböse Kapitalismus-Possenspiel von Göhren. Sein Werk "Wem gehört mein Dorf?" ist sogar für den Deutschen Fernsehpreis nominiert, der am 14. September verliehen wird.
Als in Göhren die letzte unberührte Küste bebaut werden soll, regt sich der Unmut unter den Bürgerinnen und Bürgern. Seit Jahren dominiert eine Gruppe von Männern den Gemeinderat, genannt "die vier von der Stange". Sie unterstützen bedingungslos die Projekte des millionenstarken Bauinvestors, der in Göhren nach der Wende so viele Hotels und Ferienhäuser baute wie kein anderer. Doch irgendwann regte sich Widerstand, und auch davon erzählt dieser Film: Nadine und ihr Vater, engagierte Göhrener, gründeten eine Bürgerinitiative und traten bei der Kommunalwahl an. Schaffen sie es, sich gegen das Geld und die Mächtigen zu stellen und ihr Dorf in eine andere Zukunft zu führen?
Ein schlechtes Parkhaus-Geschäft in jeder Hinsicht
Wie absurd die Entscheidungen des Gemeinderates sind, belegt das Beispiel eines grotesken Parkhaus-Baus. Für das Objekt zahlt der Investor eine Pacht von 20.000 Euro im Jahr. Die Parkplätze an gleicher Stelle, die der Gemeinde gehörten, brachten zuvor jedoch 80.000 Euro in die Dorfkasse. Ein schlechtes Geschäft in jeder Hinsicht, zumal sich der Investor auch ein Konkurrenzverbot in den Vertrag schreiben ließ.
Christoph Eders Film, der von der Vereinnahmung, aber eben auch der Organisation des Widerstandes gegen die Übernahme seines Dorfes erzählt, ist ein lakonisches, anrührendes Lehrstück über Demokratie und warum es sich lohnt, für sie zu kämpfen. Dass der Filmemacher dabei viele persönliche, familiäre Bilder und Geschichten erzählt, verstärkt die Wirkung des zuvor bereits bei ARTE gesendeten Films erheblich. "Wem gehört mein Dorf?" sorgte 2021 bei mehreren Filmfestivals für Furore. Nun ist der 90-Minüter auf dem Dokumentarfilm-Sendeplatz im Ersten und danach in ARD Mediathek zu sehen.
Wem gehört mein Dorf? – Mi. 03.08. – ARD: 22.45 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH