ARTE Film Fest
Report, Film/Kino/TV • 18.11.2018 • 20:15 - 22:00
Lesermeinung
Hint
Schwerpunkt
Report, Film/Kino/TV

Leicht und schwer zugleich

Von Diemuth Schmidt

In Nanni Morettis Familiendrama muss eine Filmregisseurin während Dreharbeiten mit dem Sterben ihrer Mutter klarkommen. ARTE zeigt den Film nun als Free-TV-Premiere.

Wenn der italienische Regisseur Nanni Moretti eine Frau wäre, dann wäre er Margherita, die Hauptfigur seines neuen Films. Seine hektische, teilweise neurotische Aufgeregtheit, die man aus seinen Auftritten als Schauspieler kennt, sieht man an ihr wieder. Ihr legt er Redewendungen in den Mund, die er als Regisseur verwendet, und er lässt sie wie sich selbst eine einschneidende Erfahrung machen: Wie es sich anfühlt, wenn die eigene Mutter im Sterben liegt, während man selbst in einem Filmprojekt steckt und hektisch daran weiterarbeitet. "Mia Madre" ist ein autobiografisch inspiriertes Drama, das den Tod und das universelle Unbehagen damit feinfühlig thematisiert. ARTE zeiht das Werk nun als deutsche Erstausstrahlung.

Das Leben der römischen Filmregisseurin Margherita (eindrucksvoll: Margherita Buy) steht Kopf. Ihren Lebensgefährten hat sie gerade verlassen und die pubertierende Tochter Livia (Beatrice Mancini) macht Probleme. Dazu gibt es noch die schwerkranke Mutter, die im Krankenhaus ihre Zuwendung benötigt. Doch Margherita muss zu den Dreharbeiten ihres zäh laufenden Spielfilms, den sie gerade dreht. Während sie sich fast zerreißt, kümmert sich ihr Bruder Giovanni (Nanni Moretti) vorbildlich um die alte Dame (Giulia Lazzarini) und bringt ihr selbstgekochtes Essen. Das schlechte Gewissen plagt Margherita, gleichzeitig kann sie nicht heraus aus ihrer Haut. Das hält ihr auch der sanfte Bruder vor, der sie auffordert aus einem ihrer zweihundert Verhaltensmuster doch endlich einmal auszubrechen.

PRISMA EMPFIEHLT
Täglich das Beste aus der Unterhaltungswelt bequem in Ihr Mail-Postfach? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter "PRISMA EMPFIEHLT" und erhalten ab sofort die TV-Tipps des Tages sowie ausgewählte Streaming- und Kino-Highlights.

Es kommt immer schlimmer. Die Gestresste ist völlig überfordert, als sie erfährt, dass die Mutter sterben wird und rast zwischen Krankenhaus und Drehort hin und her. Die neue Situation zwingt sie, sich mit den Menschen in ihrem Umfeld und damit auch mit sich selbst und ihren Verhaltensweisen auseinanderzusetzen. Diese Veränderungen entwickelt Nanni Moretti ganz langsam. Für Margheritas Gefühlschaos findet er schöne, anfangs für den Zuschauer etwas unverständliche Traumbilder, die seiner Protagonistin dabei helfen, sich über die Prioritäten im Leben klar zu werden.

Atmosphärisch arbeitet der Regisseur auf zwei Ebenen. Da gibt es die bedrückende Umgebung des Krankenhauses und die geschäftige am Set. Das Thema des Films im Film ist ein politisches. Es geht um den Streik einer Belegschaft in einer Druckerei, die um ihren Arbeitsplatz kämpft. Als erfahrene Regisseurin für realistische Filme weiß Margherita genau, was sie will. Doch einer macht ihr einen Strich durch die Rechnung: Der aus Hollywood eingekaufte Schauspieler Barry (John Turturro) erweist sich als eine Niete, denn er vergisst immer wieder den Text. Das führt zu Verzögerungen und kostet Zeit, und davon hat Margherita gerade nicht sehr viel. Barry hat mit seiner arroganten Tollpatschigkeit die Lacher im Film auf seiner Seite und dient als ein willkommener Gegenpol. Das passt perfekt in Morettis Konzept, der sagt, dass man das Leben so nehmen müsse, wie es ist: leicht und schwer zugleich.

Auch wenn sich das etwas nach Küchenphilosophie anhört, gelingt es Moretti, daraus einen wunderbar bewegenden Film zu schaffen. Er erzählt davon, dass es ein Morgen gibt und wie wichtig es ist, sich um andere zu kümmern. Das schließt auch Menschen ein, die man am liebsten mit dem nächsten Flieger wieder über den Atlantik schicken würde. Aber nach einem Wutausbruch von Margherita zeigt auch Barry eine durchaus charmante Seite bei einem von John Turturro urkomisch improvisierten Tänzchen. Mit "Mia Madre" zeigt Moretti seine Stärken als Regisseur von persönlichen Geschichten, die einen stärkeren Eindruck hinterlassen als die politisch motivierten – sehenswert!


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Top stars

Stahl den Stars direkt mit seiner ersten Rolle die Show: Edward Norton.
Edward Norton
Lesermeinung
Trat zu Beginn seiner Karriere als Surferboy in Erscheinung: Chris Hemsworth.
Chris Hemsworth
Lesermeinung
August Zirner in "Milchgeld. Ein Kluftingerkrimi".
August Zirner
Lesermeinung
Trotz unvorteilhaftem Aussehen ein Star: Danny DeVito.
Danny DeVito
Lesermeinung
Immer noch smart und charming: Dennis Quaid.
Dennis Quaid
Lesermeinung
Mal zart, mal hart: Ed Harris.
Ed Harris
Lesermeinung
Feierte 2001 mit seiner Rolle in "Donnie Darko" seinen Durchbruch: Jake Gyllenhaal.
Jake Gyllenhaal
Lesermeinung
Schauspieler Liam Hemsworth.
Liam Hemsworth
Lesermeinung
Spezialist für harte Aktion: Regisseur John Boorman
John Boorman
Lesermeinung
Oft ein athletischer Bösewicht: Michael Biehn
Michael Biehn
Lesermeinung

Das beste aus dem magazin

Dr. Katrin Lossagk ist Ärztliche Leiterin bei Lipocura in der Münchner Klinik mednord und der Kölner Beethoven-Klinik. Die Fachärztin für plastische und ästhetische Chirurgie spezialisierte sich bereits 2014 auf die Behandlung von Lipödemen.
Weitere Themen aus dem Magazin

Endometriose: Schmerzen durch wucherndes Gewebe

Endometriose kann die Lebensqualität von Betroffenen erheblich einschränken. Dr. Katrin Lossagk erklärt, was helfen kann.
Horst Klemmer denkt auch heute noch sehr häufig an Heinz Erhardt.
HALLO!

„Heinz Erhardts Humor war frei von Politik und Zoten“

Horst Klemmer lernte Heinz Erhardt als Fan kennen. Von 1962 bis 1971 war er Erhardts einziger und exklusiver Manager, ging mit ihm auf Tour, verhandelte seine Verträge und organisierte seine TV-Auftritte. Klemmer hatte viele Jahre eine enge Bindung zu der Komiker-Legende, war bis zu Heinz Erhardts Tod 1979 in regem Kontakt mit ihm. Seine Erinnerungen hat er nun in dem Buch „Heinz Erhardt – Hinter den Kulissen“, das im Lappan Verlag erschienen ist, aufgeschrieben. prisma hat mit dem mittlerweile 87-Jährigen über Heinz Erhardt gesprochen.
"Kafka"-Darsteller Joel Basman im Interview.
HALLO!

Joel Basman über Kafka: „Er hätte einen Riesenspaß an TikTok gehabt“

Das Erste zeigt zum 100. Todestag von Franz Kafka eine sechsteilige Miniserie über den berühmten Schriftsteller. Joel Basman hat die Hauptrolle übernommen und erklärt im Interview, wie er sich Kafka vorstellt, warum er ein schlechter Mitbewohner gewesen wäre und was ihn heute immer noch relevant macht
Dr. Julia Fischer moderiert montags die SWRGesundheitssendung „Doc Fischer“, ist Buchautorin („Medizin der Gefühle“) und medizinische Expertin in Talkshows wie „hart aber fair“ (ARD). Als Host des neuen ARD Gesund Youtube-Kanals erklärt sie anschaulich medizinische Themen.
Gesundheit

Schenkelhals-Fraktur – nach dem Sturz wieder fit werden

Nach einer Schenkelhalsfraktur ist es das Wichtigste wieder sicher Gehen zu lernen. Dr. Julia Fischer berichtet aus der Praxis.
ZDFneo zeigt „Push“ ab 10. März um 20.15 Uhr.
HALLO!

Neue Serie „Push“ über Hebammen: Jeden Tag am Puls des Lebens

In der neuen ZDFneo-Serie „Push“ spielt Anna Schudt eine Hebamme. Christiane Hammerl war als Set-Hebamme bei den Dreharbeiten dabei. Gemeinsam sprechen sie über falsch dargestellte TV-Geburten und einen Berufstausch.
Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser ist Oberarzt und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie, Buchautor und bekannt als „Doc Esser“ in TV und Hörfunk.
Gesundheit

Dem Bluthochdruck einfach davonlaufen

Was tun gegen dauerhaft erhöhten Blutdruck? Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser verrät, was Sie unternehmen können, um Ihren Blutdruck wieder zu senken.