Im zweiten der drei aufeinanderfolgenden "Usedom-Krimis" im Ersten brennt das Haus der Ex-Staatsanwältin Karin Lossow (Katrin Sass) lichterloh. Mit einer Rauchvergiftung kann sie dem sicheren Tod gerade noch entkommen. Doch das "Mörderhus" ist nun eine Ruine.
Das Reetdachhaus der Ex-Staatsanwältin Karin Lossow (Katrin Sass) brennt lichterloh. Die Flammen schlagen aus allen Seiten ins Bild, Karin kann indessen gerade noch mit einer Rauchvergiftung entkommen. Hier wird geklotzt, nicht gekleckert – Action ist angesagt. Andreas Herzog, der Regisseur dieses 15. "Usedom-Krimis" hat auch die erste Folge, "Mörderhus" (2014) gedreht. Die Reihe nimmt partiell gerne alte Plots wieder auf. Hier ist es der Umstand, dass Karin Lossow einst ihren Mann im Affekt erschoss und deswegen als Mörderin abgestempelt war.
Der Brand ihres Hauses macht sie zur Unbehausten, ihr Neffe, der Polizist Rainer Witt (Till Firit) nimmt sie nur widerwillig in seiner Familie auf. Ausgerechnet jetzt ist schließlich seine Partnerin, Oberstaatsanwältin aus München, zu Besuch gekommen. Sie will die gemeinsame mögliche Zukunft testen. Für Karin Lossow kein leichtes Spiel. Immer wieder wird fortan der Krimiplot mit der privaten Unbehaustheit gekreuzt.
Der Zufall und die Enge der Insel wollen es, dass Karin mit ihrer Rauchvergiftung in dasselbe Krankenhaus wie die bei einem Unfall schwer verletzte Tochter des Hirnchirurgen Dr. Bernard eingeliefert wird. Saskia Bernard (Lilli Fichtner) wurde an einer Bushaltestelle angefahren, der Fahrer flüchtete, sie kann sich an nichts mehr erinnern. Während Rainer, der Kommissar, und sein etwas einfältiger Kollege Holm Brendel (Rainer Sellien) nach einer vergeblichen Verfolgung im Dunkel tappen, freundet sich Karin Lossow mit der schwer verletzten Chirurgentochter an und kommt auf ganz eigene Weise mit ihren Recherchen zum Ziel.
War Saskia vor dem Unfall auf der Flucht – und, wenn ja, vor wem? – Vier Jahre hatte Saskia – eine fast stumme Rolle, die Lilli Fichtner eindrücklich spielt – daheim ihren im Wachkoma liegenden Mann gepflegt. Sie spiele, so sagt sie, "in einem Stück mit vier Darstellern und einer hat keinen Text." Wieder einmal schiebt sich im Usedom-Krimi eine Familienkonstellation vor den Whodunit-Fall. Saskia ist stets eine Einsame in ihrer Familie gewesen, sie hatte vor allem am Bett ihres Mannes als Pflegerin gedient, wenngleich es auch eine emsige polnische Pflegerin gab.
"Ungebetene Gäste" erzählt in vielen Ellipsen von körperlich und seelisch Erkrankten und greift dabei die Muster einer Mulloper und die eines Familiendrams auf. Andreas Herzog und seinem Drehbuchautor Michael Vershinin gelingt es dabei, die Spannung mit einfachen Mitteln hochzuhalten: Die Rätsel des Tathergangs bleiben bis zuletzt erhalten – mag auch das geheimnisvolle Gebaren eines rüpelhaften Eindringlings hier überstrapaziert wirken.
Die eigentliche Hauptrolle spielt allerdings einmal mehr die Ostsee-Insel. Sie zeigt ihr winterliches, eisiges Gesicht. Wenn sich etwa der stets beinharte, eigenwillig ironische Staatsanwalt Dr. Brunner (großartig: Max Hopp) und Ralphs soeben angekommene Lebensgefährtin in spe auf der umnebelten Seebrücke des Badeorts treffen, nimmt der weite Hintergrund dem surrealen Dialog die Verschraubtheit. Dr. Brunner ist spontaner Verfasser merkwürdiger Heikus und darf sich nach der Lösung des Falles brüsten: "Wir sind hier in der Provinz vielleicht nur ein kleines Team, aber meine Leute, die sind top!" – Der 16. Fall, "Der lange Abschied", in dem es um Altersarmut in einer Hippiegruppe geht, folgt am 18.11. im Ersten.
Ungebetene Gäste – Der Usedom-Krimi – Do. 11.11. – ARD: 20.15 Uhr