30.06.2025 Arzt-Kolumne

Wie gesund ist Leitungswasser?

Leitungswasser in Deutschland gilt als eines der strengsten kontrollierten Lebensmittel. Es enthält oft mehr Mineralstoffe als Flaschenwasser und hat eine bessere CO2-Bilanz.
Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser ist Oberarzt 
und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie am Sana-Klinikum Remscheid und bekannt als „Doc Esser“ in TV, 
Hörfunk und als Buchautor.
Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser ist Oberarzt und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie am Sana-Klinikum Remscheid und bekannt als „Doc Esser“ in TV, Hörfunk und als Buchautor. Fotoquelle: WDR / Herby Sachs

„Was empfehlen Sie eigentlich: Kann man das Leitungswasser in Deutschland bedenkenlos trinken? Oder sollte es doch lieber Mineralwasser sein?“, fragte mich mein 35-jähriger Patient kürzlich in meiner Sprechstunde, nachdem er gerade seinen ersten Checkup absolviert hatte. „Eine spannende Frage“, antwortete ich ihm. Die einen schwören auf den „Entenwein“ und dessen sofortige Verfügbarkeit, während andere nur Mineralwasser konsumieren.

Fakt ist, wir müssen täglich trinken, um unseren Körper ausreichend mit Flüssigkeit zu versorgen. Im Gegensatz zum Nahrungsmittel kann der Mensch Flüssigkeit nur sehr begrenzt speichern – kommt es zu einem Mangel, treten sofort Symptome auf. Nach zwei bis drei Tagen ohne Wasser muss man mit ernsthaften Komplikationen bis hin zum Tod rechnen. Für gesunde Menschen gilt: 30 Milliliter Wasser pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. „Unser Körper braucht täglich zwei bis zweieinhalb Liter Flüssigkeit – und am besten kommt die direkt aus dem Hahn. Leitungswasser ist in Deutschland eines der am strengsten kontrollierten Lebensmittel. Es wird regelmäßig auf Keime, Schwermetalle und Schadstoffe untersucht. Also: Gläser füllen, zurücklehnen – und genießen!“, riet ich meinem Patienten.

Mineralwasser ist nicht automatisch besser. Im Gegenteil. In vielen Regionen enthält das gute alte Leitungswasser mehr Mineralstoffe als manches Markenwasser aus der Flasche. Und das ganz ohne Plastik, ohne Transport und ohne CO₂-Bilanz, die den Klimakollaps beschleunigt. Ein Liter importiertes Mineralwasser verursacht bis zu sechshundertmal mehr CO₂ als Leitungswasser. Für die Herstellung der Flaschen, den Transport und die Entsorgung wird unnötig Energie verbrannt. Dabei reicht ein Griff zum Wasserhahn – und fertig ist das klimafreundliche Getränk.

Und für Babys? Auch für die Kleinsten ist Leitungswasser in Ordnung – vorausgesetzt, die Rohre sind sauber und das Wasser frisch. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann es abkochen. Aber bitte keine Filtergeräte – die können im Zweifel mehr Keime einbringen, als sie rausfiltern.

Mein Tipp: Probiert mal, einen Monat lang auf Flaschenwasser zu verzichten. Euer Rücken, euer Geldbeutel und die Umwelt werden es euch danken – und euer Körper sowieso. Denn trinken muss nicht teuer sein, nur regelmäßig.