14.07.2025 Arzt-Kolumne

Multiple Sklerose – wenn das Immunsystem angreift

Eine Patientin teilt ihre Erfahrungen mit Multiple Sklerose. Von der Diagnose am Gardasee bis zur modernen Therapie mit monoklonalen Antikörpern und Veränderungen im Alltag.
Dr. Julia Fischer moderiert mittwochs um 20.15 Uhr die SWR-Gesundheitssendung „Doc Fischer“, ist Buchautorin („Medizin der Gefühle“) und medizinische Expertin in Talkshows wie „hart aber fair“ (ARD). Als Host des „ARD Gesund“-YouTube-Kanals erklärt sie medizinische Themen.
Dr. Julia Fischer moderiert mittwochs um 20.15 Uhr die SWR-Gesundheitssendung „Doc Fischer“, ist Buchautorin („Medizin der Gefühle“) und medizinische Expertin in Talkshows wie „hart aber fair“ (ARD). Als Host des „ARD Gesund“-YouTube-Kanals erklärt sie medizinische Themen. Fotoquelle: SWR

„Ich hätte am liebsten den ganzen Tag nur geschlafen“, erinnert sich die Betroffene aus meiner Sendung. Damals war sie Ende zwanzig und im Urlaub am Gardasee – eigentlich eine Zeit zum Auftanken. Doch sie fühlte sich völlig ausgelaugt. Zurück zu Hause kamen später Taubheitsgefühle dazu, schließlich wurde in einer Klinik Multiple Sklerose diagnostiziert.

Multiple Sklerose, kurz MS, ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Dabei greift das Immunsystem die Schutzhüllen der Nervenfasern an. Reize werden nur noch verlangsamt oder gar nicht mehr weitergeleitet. Die Folge sind vielfältige Beschwerden: von Sehstörungen über Muskelschwäche bis zu Fatigue – eine schwere und anhaltende Erschöpfung.

Bei der Patientin aus meiner Sendung verläuft die Erkrankung in Schüben. Zunächst konnte sie mit einem entzündungshemmenden Medikament stabil gehalten werden. Doch nach einem schweren Rückfall musste die Therapie umgestellt werden. Heute bekommt sie alle paar Wochen ein modernes Medikament, das das Fortschreiten der MS bremsen soll. Es handelt sich um einen sogenannten monoklonalen Antikörper, der gezielt fehlgeleitete Immunzellen daran hindert, ins Nervengewebe einzudringen. „Seither habe ich keinen Schub mehr gehabt“, sagt sie – und man spürt die Erleichterung.

Ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags ist das Bewegungstraining. Einmal pro Woche arbeitet sie mit einer Physiotherapeutin an ihrer Standfestigkeit. „Wenn mich jemand nur leicht anstößt, komme ich sofort aus dem Tritt“, erzählt sie. Die gezielten Übungen geben ihr Sicherheit – körperlich und seelisch.

Auch ihre Ernährung hat sie inzwischen verändert, denn wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Bei Menschen mit MS ist das Gleichgewicht der Darmbakterien häufig gestört. Dabei fehlen unter anderem Mikroorganismen, die entzündungshemmende Stoffe wie Propionsäure bilden. Wer sich pflanzenbetont, ballaststoffreich und möglichst weizenarm ernährt, kann das Mikrobiom positiv beeinflussen.

„Nicht nachlassen, nie aufgeben und weiter dranbleiben“ – das ist das Motto der beindruckenden Frau aus meiner Sendung. Ein Satz, der zeigt: Auch mit einer chronischen Erkrankung lässt sich Lebensqualität zurückgewinnen.