07.07.2025 UV-Strahlung steigt

Klimawandel und erhöhte UV-Strahlung: Was kommt da auf uns zu?

Die Ozonschicht über Deutschland dünnt aus und erhöht die UV-Strahlung. Experten warnen vor steigenden Hautkrebsraten. Was das für den Sonnenschutz bedeutet und wie man sich effektiv schützt.

Der Klimawandel bringt nicht nur Gletscher zum Schmelzen, verursacht Hitzewellen, extreme Trockenheit oder Überflutungen. Er verringert auch die stratosphärische Ozonschicht über Deutschland. Dadurch erhöht sich die UV-Strahlung. prisma hat mit drei Experten darüber gesprochen, was das für unsere Haut bedeutet und wie wir uns schützen können.

Es gibt Hinweise darauf, dass der Klimawandel einen Einfluss auf die UV-Strahlung hat, so das Bundesamt für Strahlenschutz. In den mittleren Breitengraden der nördlichen Hemisphäre – und damit über Deutschland – hat sich die stratosphärische Ozonschicht um etwa drei Prozent reduziert. Dies führt zu einem Anstieg der UV-Bestrahlungsstärke, die Sonnenbrand verursacht. Gleichzeitig ist hierzulande die Anzahl der sonnigen Tage und der Sonnenscheinstunden in den letzten Jahren gestiegen. Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) lassen deutlich erkennen, dass sich die Anzahl an Sonnenscheinstunden aufs Jahr gesehen im linearen Trend erhöht – von 1951 bis 2021 um 132 Stunden. Das heißt: höhere UV-Strahlung bei gleichzeitig mehr Sonnentagen.

Unterdessen sterben in Deutschland jährlich etwa 4000 Menschen an den Folgen von Hautkrebs. Rund 300 000 Menschen erkranken jährlich neu – mit steigender Tendenz. „Die aktuell anhaltende Zunahme ist darauf zurückzuführen, dass sich Menschen in den 1970er-Jahren ohne genügenden Schutz viel in der Sonne aufgehalten haben. Vor dem Hintergrund der immer älter werdenden Bevölkerung ist sogar zu erwarten, dass die Kurve bis mindestens 2050 weiter steigen wird“, sagt Professor Dirk Schadendorf, Direktor der Klinik für Dermatologie der Universitätsmedizin Essen. Zudem habe sich das Verhalten, insbesondere in der jüngeren Generation, noch nicht so stark verändert, wie es wünschenswert wäre. Gerade Menschen bis zum Alter von circa 30 Jahren seien noch immer sehr affin für Sonnenbräune. „Vielfach wird weiterhin das Argument der Vitamin-D-Aufnahme für längeres Aufhalten in der Sonne angebracht. Dabei konnte dieser Zusammenhang längst entkräftet werden. Tatsächlich reichen für die Aufnahme von Vitamin D schon ein paar Minuten ‚Sonnenbaden‘ am Tag“, erklärt Schadendorf.

Was das Verhalten und den UV-Schutz angeht, so gibt es auch einen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Grundsätzlich ist die Bereitschaft zur Vorsorge bei Frauen höher ausgeprägt als bei Männern. Heißt hier: Frauen schützen sich besser vor UV-Strahlung als Männer. Auch zum kostenlosen Hautkrebsscreening alle zwei Jahre für gesetzliche Versicherte ab 35 Jahren erscheinen Frauen häufiger als Männer. Dennoch kommt Hautkrebs seltener beim männlichen Geschlecht vor. „Er ist die vierthäufigste Krebsart bei Frauen und die fünfthäufigste bei Männern“, berichtet Gendermediziner Professor Burkhard Sievers, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Angiologie am Sana Klinikum Remscheid. Nicht jeder Hautkrebs sieht wie ein unregelmäßig geformtes, sich veränderndes Muttermal aus. „Es gibt atypische Erscheinungsformen, die für den Laien wie ein Pickel oder ein Insektenstich aussehen“, betont Sievers. Je früher die Veränderung erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. „Leider bleibt Krebs in vielen Fällen immer noch zu lange unentdeckt, weil Patientinnen und Patienten nicht zu Vorsorgeuntersuchungen gehen. Insbesondere Männer sind Vorsorgemuffel und nehmen die Früherkennungsangebote deutlich weniger in Anspruch als Frauen. Zudem sind Männer oft nachlässiger im Eincremen sowohl bezüglich des Sonnenschutzfaktors als auch in puncto Abdeckung der zu schützenden Körperregionen“, erklärt der Experte. Entscheidend ist also vor allem das Bewusstsein des Einzelnen. Während früher oft bedenkenlos ein Sonnenbad in der prallen Mittagssonne genommen wurde, sind die gesundheitlichen Risiken heute vielen deutlich präsenter. „Ein nachhaltiger Sonnenschutz beginnt bei einfachen Verhaltensweisen: Schatten aufsuchen, die Mittagssonne vermeiden und schützende Kleidung tragen“, sagt Lilian Rothe, Nachhaltigkeitsmanagerin in der Stabsstelle Nachhaltigkeitsmanagement der Universitätsmedizin Essen. Ergänzend dazu bleibt Sonnencreme ein wichtiger Baustein – auch für die Kleinsten. Denn ein großes Risikopotenzial für Hautkrebs haben Erwachsene mit häufigen Sonnenbränden in Kindheit und Jugend. Daher sollten Eltern großen Wert auf den Sonnenschutz ihrer Sprösslinge legen. „Wer Sonnencreme mit Bedacht anwendet – etwa rechtzeitig vor dem Schwimmen aufträgt, damit sie gut einziehen kann – schützt nicht nur sich selbst besser, sondern reduziert auch den Eintrag der Inhaltsstoffe in die Gewässer. Wird darüber hinaus auf umweltfreundlichere Produkte geachtet, wird die Natur zusätzlich entlastet. So entsteht ein ganzheitlicher, verantwortungsvoller Umgang mit dem Thema Sonnenschutz – im Sinne der eigenen Gesundheit und der Umwelt,“ fasst Rothe zusammen.

Info

Früher reichte vielen Menschen Lichtschutzfaktor 10. Heute sind Produkte mit LSF 50 oder mehr die Regel. Ist das nicht übertrieben? Das haben wir Professor Dirk Schadendorf, Direktor der Klinik für Dermatologie der Universitätsmedizin Essen, gefragt.
Prof. Dirk Schadendorf: Die Höhe des LSF ist weniger relevant als vielmehr die korrekte Anwendung. Tatsächlich nutzen Menschen bestenfalls nur ein Viertel der Menge, die es braucht, damit das Präparat den vollen Schutz entfalten kann. Nehmen wir beispielweise ein Präparat mit LSF 50, aber nur ein Viertel der erforderlichen Menge des Präparats wird aufgetragen, dann heißt das, dass der praktische Schutz von Faktor 50 auf den Faktor zwölf sinkt. In sonnenreichen Gegenden existiert dann effektiv ein Schutz von gegebenenfalls nur einer Stunde oder sogar weniger. Ein Präparat mit dem LSF 50 ist von daher also ein „Segen“, weil selbst bei nicht korrekter Anwendung wenigstens ein gewisser, wenn auch niedriger, Lichtschutz erreicht wird.

Wie häufig und wie viel sollte man sich mit Sonnenschutz eincremen?
Prof. Dirk Schadendorf: Möchte man seinen gesamten Körper mit Sonnencreme schützen, muss man mit einer Menge von etwa drei vollen Esslöffeln rechnen – und wichtige Stellen wie zum Beispiel die Ohren nicht vergessen. Dabei ist es ganz wichtig darauf hinzuweisen, dass ein „Nachcremen“ nichts bringt, wenn der Schutz zeitlich „abgelaufen“ ist. Wird die Sonnencreme hingegen durch Schweiß oder Wasser von der Haut abgewaschen, muss sie unbedingt nochmals aufgetragen werden, um weiterhin geschützt zu sein. Den besten Schutz vor UV-Strahlung bieten deshalb weiterhin Textilien, zum Beispiel leichte Leinenkleidung und Kopfbedeckungen.

Ist auch bei bewölktem Himmel UV-Schutz nötig?
Prof. Dirk Schadendorf: Das hängt vom sogenannten UV-Index ab. Eine Wetter-App auf dem Smartphone kann durch den angezeigten UV-Index dazu wichtige Hinweise geben. So gilt: Ab einem UV-Index von drei sollte man sich schützen – ob mit ausreichend Sonnencreme oder textilem Schutz – ab einem Wert von acht ist das Risiko für Hautkrebs hoch bis sehr hoch.