Bei jeder Zugfahrt suche sie das Fahrradabteil, erzählt die Betroffene aus meiner Sendung. Denn dort steht es sich am besten. Sitzen ist für sie kaum noch möglich. „Sobald ich mich hinsetze, brennen die Wirbel noch mehr – und ich komme unter Umständen nicht wieder hoch“, erzählt sie. Vor kurzem fuhr sie so sogar sechs Stunden nach Leipzig und zurück. Auch das im Fahrradabteil. Nur dort hat sie genug Raum, um sich locker anzulehnen, ohne sitzen zu müssen.
Ihr Problem: ein Gleitwirbel. Einer der Lendenwirbel hat sich verschoben, vermutlich nach einer Überlastung beim Sport. Seitdem ist ihr Alltag geprägt von Schmerzen. Bereits eine falsche Bewegung, eine Stolperstufe oder ein gebeugter Griff nach einer Kiste – und der Wirbel rutscht erneut. Manchmal reicht ein winziger Impuls, damit alles wieder von vorn beginnt.
Das sogenannte Wirbelgleiten tritt meist im unteren Rücken auf. Dabei verliert ein Wirbel seine stabile Position, gleitet nach vorn oder dreht sich zur Seite. Auch mehrere Wirbel können betroffen sein. Häufig kommen dann mehrere Schmerzquellen zusammen: die instabile Wirbelstellung selbst, gereizte Nerven – und in manchen Fällen zusätzlich eine Arthrose. Das Sitzen verstärkt den Druck – viele Betroffene empfinden genau das als besonders quälend, weil es den Alltag so grundlegend einschränkt.
Die 56-Jährige aus meiner Sendung hat vieles ausprobiert, um mit den Schmerzen klarzukommen. Eine Rückenoperation kommt für sie derzeit nicht infrage, deshalb setzt sie auf gezielte Schmerztherapie, Bewegung und Muskeltraining. Eine Mischung aus lokaler Betäubung und Cortison lindert die Schmerzen. Zusätzlich helfen ihr Kinesio-Tapes, manuelle Therapie und Übungen mit dem Flexibar, die die tiefliegende Rückenmuskulatur stärken sollen. Jede Bewegung, die sie machen kann, zählt. Im Alltag stützt sie sich oft auf ihr Gepäck – nicht aus Bequemlichkeit, sondern weil sie sich so aufrichten kann, ohne dass es „so ganz schlimm nach Krankheit aussieht“, wie sie sagt. „Weil man mit Krankheit immer anders behandelt wird. Mit Krankheit ist man krank und nicht stark.“ Das trifft sie – und spornt sie zugleich an, sich nicht auf ihre Einschränkungen reduzieren zu lassen. Eine aufrechte Haltung ist ihr wichtig, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Auch wenn es nicht jeden Tag leichtfällt – sie bleibt in Bewegung, Schritt für Schritt. Denn Stillstehen ist für sie keine Option.