21.07.2025 Arzt-Kolumne

Wie Umwelteinflüsse den Hormonhaushalt stören

von Dagmar Führer-Sakel
Endokrine Disruptoren, wie Bisphenol A und Phthalate, können den Hormonhaushalt stören und gesundheitliche Risiken wie Unfruchtbarkeit und Krebs erhöhen.
Professor Dr. Dr. med. Dagmar Führer-Sakel, Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel an der Universitätsmedizin Essen/Universität Duisburg-Essen.
Professor Dr. Dr. med. Dagmar Führer-Sakel, Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel an der Universitätsmedizin Essen/Universität Duisburg-Essen. Fotoquelle: Universität Essen

„Ich habe gehört, dass Stoffe aus der Umwelt den Hormonhaushalt durcheinanderbringen können. Stimmt das?“ Eine schwangere Patientin hatte gelesen, dass bestimmte chemische Substanzen das Hormonsystem des Körpers stören können. Ich erklärte ihr, dass diese Stoffe als „endokrine Disruptoren“ bezeichnet werden. Sie kommen zum Beispiel als Weichmacher in vielen Produkten vor, die wir täglich benutzen. Dazu zählen Plastik, Kosmetik oder Textilien. Sie können Umwelt und Menschen in vielerlei Hinsicht schädigen. Beispiele für diese endokrinen Disruptoren sind unter anderem Bisphenol A (BPA), Phthalate und bestimmte Pestizide.

Diese Stoffe können die körpereigene Hormonproduktion, -freisetzung oder -wirkung beeinflussen und damit den natürlichen Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht bringen. Vor wenigen Jahren verabschiedete die Bundesregierung deshalb einen Plan zum Schutz vor diesen hormonellen Schadstoffen. Endokrine Disruptoren binden zum Beispiel an Hormon-Rezeptoren, also den Andockstellen für unsere Körperhormone. Dort ahmen sie die Wirkung von Hormonen nach oder blockieren sie. Heute wird konkret erforscht, ob Probleme wie Unfruchtbarkeit, Entwicklungsstörungen bei Kindern, Diabetes und ein erhöhtes Krebsrisiko mit endokrinen Disruptoren zusammenhängen. Es gibt bereits Hinweise darauf, dass diese Substanzen eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen verursachen können, die auch für spätere Generationen Folgen haben.

Bekannt ist, dass endokrine Disruptoren die Produktion von Schilddrüsenhormonen beeinflussen können. Aufgrund der Bedeutung von Schilddrüsenhormonen für die Gehirnentwicklung im frühen Leben sind werdende Mütter und junge Säuglinge besonders gefährdet. Endokrine Disruptoren können die Plazentaschranke überschreiten und somit unwiederbringliche Schäden an den Fortpflanzungs- und hormonellen Systemen der Mutter sowie des Fötus verursachen. Das kann zu verschiedenen neurologischen Störungen der Schilddrüsenfunktion bei Nachkommen führen. Es ist wichtig, sich dieser möglichen Risiken bewusst zu sein und, wenn möglich, den Kontakt mit diesen Substanzen zu vermeiden. Darauf habe ich auch meine Patientin hingewiesen und ihr zum Beispiel auch geraten, besonders auf die Inhaltsstoffe ihrer Kosmetikprodukte zu achten.