Lisa Martinek spielt eine blinde Anwältin in Berlin, Anna Fischer ihre Assistentin. Sechs Folgen der neuen Serie sind in der Primetime zu sehen. Dabei orientieren sich die Erzählungen an einer "lebenden Vorlage".
Romy Heiland (Lisa Martinek) ist blind – oder besser gesagt – fast blind. Auf ihre wenigen Prozent Sehkraft, die sie helle von dunklen Schatten unterscheiden lässt, legt die Berliner Anwältin nämlich großen Wert. Weil die Juristin aus gutem Hause dennoch nicht alles alleine stemmen kann, erhält sie Hilfe von Ada Holländer (Anna Fischer), die vom Arbeitsamt vermittelt wurde und aus deutlich proletarischen Verhältnissen stammt. In Folge eins der neuen Serie "Die Heiland – Wir sind Anwalt" bekommen es die beiden Protagonistinnen mit dem ehemaligen Juraprofessor (Peter Davor) Romys zu tun, dem eine Studentin (Sinja Dieks) vorwirft, er habe sie vergewaltigt. Vorerst sind fünf weitere Episoden für die dienstägliche Primetime geplant.
Romy kann kaum glauben, was sie vom Professor, für sie eine Art väterlichen Freund, zu hören bekommt. Bisher schätzte sie ihren verheirateten Mentor immer als Ehrenmann und ebenso klugen wie besonnenen Kopf. Trotzdem beginnen Romy und Ada, für die der universitäre Betrieb reichlich fremd ist, mit teils ungewöhnlichen Methoden zu ermitteln. Kann es sein, dass ihr Ausbilder eine dunkle Seite besitzt, von der die ansonsten mit überaus geschärften Sinnen ausgestattete Romy bisher nichts ahnte? "In dubio pro reo" heißt diese Auftaktfolge.
Blind ist offenbar Trumpf bei der ARD, die im Mai bereits einen 90 Minuten-Testballon für die geplante Krimireihe "Blind ermittelt" ins Quotenrennen schickte. Erfolgreich übrigens: 5,25 Millionen wollten Philipp Hochmair als blinden, ehemaligen Chefinspektor der Wiener Kriminalpolizei sehen. Während der österreichische Film- und Theaterstar Hochmair seine Blindheit jedoch auffällig "unauffällig" spielte, ist die Verwandlung der sehenden Schauspielerin Lisa Martinek für diese Rolle die künstlerische Sahneschnitte einer ansonsten eher konventionellen Anwaltsserie alter Façon. Lisa Martinek brilliert in dieser Rolle. Viele sehr authentisch wirkende "Blicke", Gesten und Bewegungen hat man so im deutschen TV noch nicht von einer Sehenden, die eine Blinde spielt, genießen dürfen.
Lisa Martinek, 46-jährige Schauspielerin und Mutter dreier noch kleiner Kinder, bereitete sich mit Hilfe von Pamela Pabst, Deutschlands erster von Geburt an blinder Strafverteidigerin mit eigener Kanzlei in Berlin, auf die Rolle vor. Pabst diente auch als klare Vorlage für die Figur Romy Heiland. Die Fälle der blinden Anwältin und ihre durch die Behinderung bedingte Herangehensweise sollen die Faszination der Erzählung ausmachen.
Fans moderner Serien wird sie dennoch etwas altbacken erscheinen, da sich das ARD-Produkt klar an die – beim Ersten immer noch zahlreiche vertretenen – Freunde traditioneller Anwaltsserien wie "Der Dicke" oder dem Nachfolgekosmos "Die Kanzlei" wendet. Lisa Martinek muss das nicht stören. Ihre Performance allein macht "Die Heiland" sehenswert.