Catherine Deneuve - das ist die kühle Blonde in Luis Buñuels "Belle de jour - Schöne des Tages" (1966). Als distinguierte Halbtagsprostituierte fesselt die attraktive Frau durch ihr kontrolliertes, unterkühlt wirkendes Spiel, von dem stets eine geheimnisvolle Aura auszugehen scheint. Diese Unnahbarkeit der sonst so anziehenden und selbstbewussten Frau zeichnet viele ihrer Rollen aus.
Ein Wesenszug, der an ihr auch außerhalb des Sets - mitunter kritisch - angemerkt wurde und beim Betrachter die Neugier weckt, was sich wohl hinter dieser makellosen Fassade verberge. Denn die Deneuve kann verrucht und gesittet erscheinen, sie vermag zwischen Angst und weiblicher Überlegenheit zu pendeln, so wie sie die Rolle der Theaterchefin Marion Steiner neben Gérard Depardieu in François Truffauts "Die letzte Metro" (1980) mit Leben erfüllte. Oder aber die attraktive Alice in Claude Berris beschwingtem Beziehungsspaß "Die Männer, die ich liebte" (ebenfalls 1980), in dem sie erneut mit Depardieu vor der Kamer stand.
Im Gegensatz zu anderen französischen Schauspielern hat die Deneuve nie Theater gespielt. Die Tochter der Schauspieler Maurice Dorléac und Renée Simonot hatte ihr Filmdebüt Mitte der 50er Jahre und stand 1960 mit ihrer 1967 tödlich verunglückten Schwester Françoise Dorleac gemeinsam in Jacques Poitrenauds harmloser Familienkomödie "Die kleinen Sünderinnen" vor der Kamera.
Nach diversen Unterhaltungsfilmchen überzeugte sie 1963 in dem gesungenen, ungewöhnlichen Liebesmelodram "Die Regenschirme von Cherbourg". Diese (Haupt-)Rolle einer Frau, die durch den Algerienkrieg von ihrem Geliebten getrennt wird und einen anderen Mann heiratet, bringt ihr in Frankreich den Durchbruch. Roman Polanskis schockierender Psychothriller "Ekel" (1965) wird ein weiterer Meilenstein in ihrer Karriere. Catherine Deneuve spielt die Rolle einer schizophrenen 18-Jährigen, die von sexuellen Albträumen heimgesucht und zur Mörderin wird. Der Film des jungen Polanski gilt noch heute als Meisterwerk. Jacques Demys Musical "Die Mädchen von Rochefort" (1967) ist der letzte gemeinsame Auftritt mit ihrer Schwester.
Foto: ARD Zu wichtigen Filmen der Achtzigerjahre gehört neben der "letzten Metro" Philippe de Brocas "Der Buschpilot" (1983), eine köstliche Liebesgeschichte mit Philippe Noiret in der Titelrolle und Catherine Deneuve als agiler Reiseorganisatorin, die in Ostafrika ein neues Traumziel vorzufinden glaubt, statt dessen aber ihren Ehemann wiedertrifft. "Schauplatz des Verbrechens" (1986, Regie: André Téchiné) zeigt Deneuve als Mutter eines 13-Jährigen, der zwei flüchtige Sträflinge ins Haus bringt. An einem der Männer findet die Deneuve Gefallen... In Jean-Pierre Mockys kautzigem Krimi "Agent Trouble - Mord aus Versehen" (1987) spielt Deneuve eine gefährdete Amateurdetektivin: Sie gerät Mördern in die Quere, die einem Umweltskandal vertuschen möchten.
Als Besitzerin einer Kautschukplantage verstrickt sich Deneuve in Régis Wargniers oskargekröntem Epos "Indochine" (1992) in die Wirren des Indochinakriegs. Einmal mehr ist sie die reife, vordergründig gefestigte Frau, die aber durch Gefühle zu erschüttern ist. Diese Rolle brachte ihr eine Oscar-Nominierung ein. In Jean-Loup Huberts "Die schöne Lili" (1991) mimt sie die frustrierte Hausfrau auf der Suche nach Glück - eine charmante Dreicksgeschichte. Privat erregten ihre Liebschaften und unehelichen Kinder mit Regisseur und Frauenfreund Roger Vadim und dem Schauspieler "Marcello Mastroianni Aufsehen. In Hollywood hat sie nie recht Fuß fassen können, und es wird beklagt, dass sie sich hier ans Fernsehen und in sporadischen Filmrollen ("Begierde", 1982) unter Wert verkauft hätte. Wieder mit Michel Piccoli, der schon in "Belle de jour" mit ihr spielte, sieht man die Deneuve 1996 in "Genealogien eines Verbrechens" von Raúl Ruiz.
Im Winter 1997 stand Catherine Deneuve mit Guillaume Depardieu in NRW für den Spielfilm "Pola X" (1999) unter der Regie von Leos Carax ("Die Liebenden von Pont-Neuf") vor der Kamera, einmal mehr die Geschichte einer verhängnisvollen ménage à trois. 1999 spielte sie in Nicole Garcias "Place Vendôme", und 2000 in Lars von Triers "Dancer In The Dark".
Weitere Filme mit Catherine Deneuve: "Junge Rosen im Wind" (1956), "Les petits chats" (1959), "An einem heißen Nachmittag" (1960), "Die Pariserinnen" (1961), "Et Satan conduit le bal", "Laster und Tugend" (beide 1962), "Ferien in Portugal", "Die Frauen sind an allem Schuld" (beide 1963), "Ich war eine männliche Sexbombe", "Unter dem Himmel von Florenz", "Jagd auf Männer" (alle 1964), "Das Liebeskarussell", "Leben im Schloss", "Und die Wälder werden schweigen" (alle 1965), "Die Geschöpfe" (1966), "Hemmungslose Manon", "Benjamin - Aus dem Tagebuch einer männlichen Jungfrau" (beide 1967), "La Chamade - Herzklopfen" (1968), "Darling, lass' dich scheiden", "Das Geheimnis der falschen Braut", "Mayerling", "Ein Frosch in Manhattan" (alle 1969), "Tristana", "Henri Langlois", "Eselshaut" (alle 1970), "Das passiert immer nur den anderen", "Liza - Allein mit Giorgio" (beide 1971), "Der Chef" (1972), "Die Umstandshose", "Berühre nicht die weiße Frau", "Hilfe, mein Mann ist schwanger" (alle 1973), "Zig-zig", "Die Entfesselten", "Die Affäre Murri", "Die Frau mit den roten Stiefeln" (alle 1974), "Die schönen Wilden", "Straßen der Nacht" (beide 1975), "Ein Hauch von Zärtlichkeit", "Anima persa", "Marschier oder stirb", "Strandgeflüster" (alle 1976), "Allein zu zweit", "Ils sont grands ces petits", "Das Geld der Anderen", "Die geheimnisvolle Sekte" (alle 1978), "Mut, wir fliehen", "Hurricane Rosie" (beide 1979), "Wahl der Waffen", "Begegnung in Biarritz" (beide 1981), "Der Schock" (1982), "Le bon plaisir - Eine politische Liebesaffäre" (1983), "Duett zu dritt", "Fort Saganne" (beide 1984), "Hoffen wir, dass es ein Mädchen wird" (1985), "Frequenz Mord", "Nächtliche Sehnsucht" (beide 1988), "Meine liebste Jahreszeit" (1993), "Hundert und eine Nacht", "La partie d'eches" (beide 1994), "Das Kloster", "Drei Frauen, drei Träume" (beide 1995), "Diebe der Nacht" (1996), "L'ecran temoin belle maman" (1998), "Die wiedergefundene Zeit", "Est-Quest - Eine Liebe in Russland", "Pierre oder der Kampf mit der Sphinx" (alle 1999), "Ich geh' nach Hause", "The Musketeer" (beide 2001), "Gefährliche Liebschaften", "8 Frauen" (beide 2002), "Marie und Freud" (2003), "Das Leben ist seltsam", "Changing Times" (beide 2004), "Palais royal!", "Le concile de pierre" (beide 2005), "Le héros de la famille", "Der steinerne Kreis" (beide 2006), "Après lui", "Persepolis" (Sprecherin im Original), "Frühstück mit einer Unbekannten" (alle 2007), "Ein Weihnachtsmärchen", "Das Schmuckstück" (2010), "Die Liebenden", "Roman Polanski: A Film Memoir" (Dokumentarfilm, beide 2011), "Asterix & Obelix - Im Auftrag Ihrer Majestät" (2012), "Madame empfiehlt sich" (2013).