Sogar Angela Merkel schaute bei der Kinopremiere vorbei: Sie sah eine Zeitreise in den Parlamentarismus der Bundesrepublik von 1950 bis zur Wende. In Interviews und Archivaufnahmen zeigt die nun wiederholte Doku den Kampf namhafter Politikerinnen gegen männliche Ignoranz.
Der Dokumentarfilm von Torsten Körner führt zurück in eine Zeit, in der es Frauen äußerst schwer hatten, Politik zu machen. Männliche Politiker reduzierten ihre Kolleginnen, die sie meist als Gegnerinnen ansahen, gerne auf Äußeres. Die filmische Zeitreise "Die Unbeugsamen", nun erneut im ZDF zu sehen, blendet zurück auf Parlamentsdebatten und Flurflüstereien. Zum Vorschein kommt vielfache männliche Ignoranz, aber auch der mutige Kampf der Frauen gegen männliche Macht über Parteigrenzen hinweg.
"Macht wird als männlich angesehen", analysiert die SPD-Politikerin Renate Schmidt, während die Grünen-Politikerin Petra Kelly die männliche "Angstbewegung auf der Regierungsbank" demaskiert. Und während Heiner Geißler (CDU) Politikerinnen chauvinistisch lobt: "Wir haben nichts gegen ältere, auch nichts gegen jüngere Frauen. Die schauen sich zum Teil doch ganz passabel an", plaudert Rita Süssmuth (CDU) gelassen über das Geheimnis ihres Erfolgs: "Es muss gelassen wirken, aber hart erkämpft werden!"
"Die rückblickende Bewunderung für diese Pionierinnen kann angesichts des flegelhaft dummpatzigen Verhaltens ihrer Kollegen gar nicht groß genug sein", lobte nach der Filmpremiere im August 2021 die Kritik. Doch auch im fortdauernden Kampf um Gleichstellung kann der teils humorvolle Blick auf die Polit-Frauen der hemdsärmeligen Bonner Republik keineswegs schaden. Zwischen Interviews und Parlamentsdebatten wird klar, wie sehr sie damals gegen männliche Vorurteile kämpfen mussten, um sich auf der parlamentarischen Bühne durchzusetzen.
In "Die Unbeugsamen" kommen neben den Genannten auch Roswitha Verhülsdonk (CDU), Helga Schuchardt (FDP), Ursula Männle (CSU), Ingrid Matthäus-Maier (FDP/SPD), Christa Nickels (Die Grünen) und weitere Politikerinnen zu Wort. Neben einer gewissen Komik und Bitterkeit schwingt in vielen ihrer Erinnerungen auch eine gewisse Absurdität mit. Nichtsdestotrotz wirken manche Berichte erschreckend aktuell. In historischen Aufnahmen sind zudem politische Vorreiterinnen wie Aenne Brauksiepe (CDU), Hildegard Hamm-Brücher (FDP), Waltraud Schoppe und Petra Kelly (Die Grünen) zu sehen.
Auch Ex-Kanzlerin Angela Merkel gab sich im August 2021 bei der Kinopremiere die Ehre, obwohl das Kino nie als ihr großes Hobby galt. Acht Jahre lang absolvierte die ehemalige CDU-Politikerin keinen offiziellen Auftritt als Bundeskanzlerin bei einer Kinopremiere, doch für die Doku ließ sie sich das erste Mal seit 2013 wieder in einem Kinosessel nieder, im Berliner Delphi-Filmpalast. Nicht zuletzt haben die porträtierten Politikerinnen auch Merkel selbst den Weg geebnet. So richtete die damalige Kanzlerin auch ein Grußwort ans Premierenpublikum. Die gezeigten Politikerinnen "haben sich nicht mundtot machen lassen und dafür verdienen sie unseren Respekt", betonte Merkel.
Selbst in einer gefestigten Demokratie sei ein "Engagement in der Bundesrepublik, in der Bundespolitik, für Frauen auch heute nicht immer einfach". Was Politikerinnen in früheren Jahrzehnten erlebt hätten, sei jedoch noch einmal ein ganz spezielles Kapitel bundesdeutscher Geschichte. Durch den Dokumentarfilm werde dieses Kapitel ins Zentrum gerückt. "Es wurde Zeit", so die ehemalige Regierungschefin.
Die Unbeugsamen – Di. 01.08. – ZDF: 22.45 Uhr