Trau, schau, wem: "Eine verhangnisvolle Nacht" erzählt von einer Frau, die auf den falschen Mann hereinfällt – mit verheerenden Folgen.
Dass Matthias Brandt "Psycho" kann, ist zwar nicht erst seit seiner viel gelobten Lesetour bekannt. Aber wenn der Schauspieler auf der Bühne zu Jens Thomas' enervierender Klaviermusik aus dem einst von Hitchcock verfilmten Schockerklassiker zitiert, wirken Charisma und Stimme bis in die letzte Ecke des Saales. Nicht anders ergeht es dem Fernsehpublikum, das den vielfach ausgezeichneten Darsteller in Miguel Alexandres ZDF-Thriller "Eine verhängnisvolle Nacht" erlebt. Der nun bei 3sat erneut ausgestrahlte Film von 2013 erzählt die Geschichte der Lehrerin Hannah (Silke Bodenbender), eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, die sich in ihren zunächst so charmant und zurückhaltend wirkenden Kollegen Bernd verliebt ...
Wie man sich doch täuschen kann. Seine Blicke sind warm und eindringlich und alles, was er sagt, ist von Klugheit und Verständnis: Männer wie diesen Bernd (Brandt) gibt es nicht viele. Jedenfalls nicht für eine alleinstehende Frau wie Hannah, die mit Anfang 40 das Thema Liebe beinahe schon abgehakt hätte. Dass sich die selbstbewusste und eigentlich alles andere als naive Lehrerin rasch in den neuen Kollegen verliebt, ist fast logisch. Lebensnah und ziemlich unspektakulär wird geschildert, wie sich die beiden näherkommen und einige romantische Wochen als Paar verbringen. Zuschauende tappen dabei in dieselbe Falle wie Hannah – bis diese Lovestory (Buch: Harald Göckeritz und Miguel Alexandre) alsbald eine radikale Wendung nimmt.
Nur ein paar unscheinbare Gesten und Worte genügen, alltägliche Aussagen einer selbstbestimmten Frau, die sich gegenüber ihrem Partner mitteilt, und schon zeigt Bernd sein wahres Gesicht. Der Lehrer tickt von einem Augenblick auf den anderen aus. Er schlägt Hannah zusammen, und mit ungezügelter Brutalität vergewaltigt er sie. Der Mann, den sie zu lieben glaubte, entpuppt sich als manisches Tier und bald auch als Stalker, vor dem es kein Entkommen zu geben scheint. Zwei Jahre Haft wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung – das Urteil, das Hannah eigentlich schützen soll, sorgt dafür, dass ihr Leben vollends zur Hölle wird, denn jetzt ist Bernd von dem Gedanken besessen, sich an der Frau zu rächen, die sein Leben zerstört hat.
Die spannend aufgebaute Story überdreht im zweiten Teil leider völlig. Aber Matthias Brandt liefert als augenscheinlich kranker Mann, der seine Aggressionen nicht im Zaum halten, Richtig nicht von Falsch und Gut nicht von Böse unterscheiden kann, einmal mehr eine tief beeindruckende Show ab. Es ist fast ein bisschen beängstigend, wie Brandt die Abgründe auslotet und in seiner Rolle als Wolf im Schafspelz, als Psychopath mit Engelszunge, aufzugehen scheint. Ein Film, der ein zutiefst verstörendes Bild zeichnet, der unangenehm nachwirkt und Zuschauende an das saloppe Credo gemahnt: "Augen auf bei der Partnerwahl!" – selbst wenn er sich als Frauenversteher gibt.
Eine verhängnisvolle Nacht – Di. 12.10. – 3sat: 20.15 Uhr