Wunder gibt es immer wieder. Die Verfilmung von Hape Kerkelings Bestseller "Ich bin dann mal weg" ist keines. Im gleichnamigen Film geht der Geist des Buches, der Mix aus Witz und Kontemplation, fast völlig verloren.
Ein bekannter deutscher Comedian pilgert knapp 800 Kilometer auf dem spanischen Jakobsweg, sucht sich selbst (und ein bisschen Gott) und trifft unterwegs mal nervige, mal amüsante bis interessante Mitreisende. Klingt nicht besonders sexy, ist aber kurz gefasst der Plot des größten bundesdeutschen Sachbucherfolgs überhaupt. Fünf Millionen Mal wurde Hape Kerkelings Selbstfindungstrip "Ich bin dann mal weg" seit seinem Erscheinen 2006 verkauft. Julia von Heinz verfilmte 2015 den beliebten Stoff – und verhob sich deutlich. Dennoch zog der Film 1,8 Millionen Besucher ins Kino. SAT.1 zeigt "Ich bin dann mal weg" nun erneut.
Kerkeling, gespielt von Devid Striesow, zeigt sich in seinem Buch als Sinnsucher, als Mensch mit einer großen Sehnsucht nach Spiritualität und einem gesunden Misstrauen gegenüber institutionalisierter Religion. Der Erfolg von "Ich bin dann mal weg" beruht aber wohl in erster Linie darauf, dass sich Kerkeling mit Witz und Selbstironie vor dem Leser entblättert.
Als Buch funktioniert das wunderbar, in der Filmfassung leider überhaupt nicht. Das hat Gründe. Der wichtigste: Im Buch gibt es keine Dramaturgie. Es braucht keine. "Ich bin dann mal weg" ist in Tagebuchform geschrieben. Kerkeling skizziert und räsoniert, er meditiert über Erlebnisse auf der Reise und was sie in ihm innerlich auslösen. Äußerlich passiert in "Ich bin dann mal weg" wenig. Das ist für einen Film natürlich tödlich. Gleich drei Drehbuchautoren haben aus der Vielzahl der im Buch vorkommenden Personen zwei Charaktere destilliert, die Hape auf dem Weg begleiten: Stella (Martina Gedeck) pilgert in Gedenken an ihre Tochter und nutzt die Pilgerreise für sexuelle Abenteuer. Während Martina Gedeck Stella eine gewisse Tiefe und Glaubwürdigkeit verleihen kann, hat Karoline Schuch die undankbare Aufgabe, einen komplett ausgedacht wirkenden Charakter spielen zu müssen.
Reicht nicht an das Buch heran
Wer Kerkelings Buch nicht gelesen hat, wird sich nach dem Film mit einiger Sicherheit fragen, wie "Ich bin dann mal weg" zu einem überragenden Erfolg werden konnte. Das liegt vor allem an der biederen Inszenierung – angefangen bei der langatmigen Exposition, die redundant Kerkelings Motivation für die Pilgerreise ausbreitet, bis hin zum schwülstigen Finale in Santiago de Compostela. Das Buch lässt vieles in der Schwebe, die Verfilmung dagegen ist bestrebt, alles zu zeigen. Und verfehlt damit komplett die spirituelle Dimension der Vorlage.
Nach Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg" folgte im letzten Jahr eine weitere autobiografische Verfilmung des Entertainers. Der Film "Der Junge muss an die frische Luft", der einer der erfolgreichsten deutschen Filme im Jahr 2018 wurde, beleuchtet die Kindheit und Jugend des 54-Jährigen. Julius Weckauf spielte den jungen Hape Kerkeling, Oscar-Preisträgerin Caroline Link führte Regie. Seit 2014 hat sich Hape Kerkeling allerdings weitgehend aus dem Showgeschäft zurückgezogen. Zuletzt synchronisierte er den Schneemann Olaf in "Die Eiskönigin – Völlig unverfroren" und "Die Eiskönigin – Olaf taut auf".