Jedes Jahr im Juni
21.02.2024 • 20:15 - 21:45 Uhr
Fernsehfilm, Liebesdrama
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Das Gefühl von Freiheit: Gregor (Peter Schneider) und Elke (Katharina Wackernagel) verliebt in Prag.
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West-Schokolade und "Jacobs"-Kaffee: Elkes (Katharina Wackernagel) Mitbringsel aus dem Westen werden von einem Zollbeamten inspiziert.
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Romantik ohne Grenzen: Elke (Katharina Wackernagel) und Gregor (Peter Schneider) genießen die gemeinsame Zeit.
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Originaltitel
Jedes Jahr im Juni
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2013
Altersfreigabe
6+
Kinostart
Fr., 09. August 2013
Fernsehfilm, Liebesdrama

Grenzverkehr und mehr

Von Frank Rauscher

Hausfrau aus dem Westen verliebt sich in einen Handwerker aus dem Osten – eine heimliche Affäre. Der Film "Jedes Jahr im Juni" begleitet sie drei Jahrzehnte lang. Das Erste wiederholt den Film nun zur besten Sendezeit.

"Jedes Jahr im Juni" fährt Elke (Katharina Wackernagel) für ein paar Tage zu den Verwandten. Klingt erst mal sterbenslangweilig, ist aber eine aufregende Sache im geteilten Deutschland der frühen 70er-Jahre. Denn Elke kommt aus dem fränkischen Coburg, die lieben Verwandten sitzen irgendwo in der sächsischen Pampa – eigentlich ist es die Familie des Bruders ihres Mannes, aber der muss an seiner Karriere basteln und hat keine Lust auf solche Besuche. Und dort im tiefsten Sachsen steht er im Juni des Jahres 1971 auf einmal vor ihr: Gregor (Peter Schneider), ein Tischler, der Elkes Schwager bei Arbeiten am Haus unter die Arme greift.

Ein tiefer, zu langer Blick in die Augen, und bald sind Grenze, DDR und auch die Ehepartner (Gregor ist Familienvater) nicht mehr so wichtig. Der Anfang dieser unmöglichen Affäre schmeckt süßlicher als die im Kofferraum über den Rottenbacher Grenzübergang mitgeschmuggelte West-Schokolade und ist nah dran an dem, was einem in seichteren Schmonzetten gerne als Liebe auf den ersten Blick verkauft wird. Auch wenn das durchaus anspruchsvoll gemeinte Liebes-Drama weit weg ist von Pilcher und Co., ist es nicht jedermanns Geschmack, wie Regisseur Marcus O. Rosenmüller (nach einem Drehbuch von Silke Zertz) in "Jedes Jahr im Juni" (2013) zum großen Epos ausholt: Erzählt wird eine nur einmal im Jahr auflebende Datschen-Romanze, eine heimliche deutsch-deutsche Lovestory vor dem Wandel der Zeit.

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Die DDR – eine melancholische Zeit

Von den Trabis, über die Bekleidung bis hin zum Ost-Interieur ist das Setting mit viel Liebe zum Detail ausstaffiert worden. Dass aber die ja nun nicht ganz unbedeutenden Ereignisse und Befindlichkeiten der Historie – von WM '74 bis zur Wendezeit – nur kulissenhaft im Schnelldurchlauf vorbeirauschen, dass selbst direkt nach der Grenzöffnung am Übergang nur eine Handvoll Statisten mit Deutschland-Fähnchen in der Hand herumstehen, spottet natürlich der Realität.

Das Thema Stasi hat seine zwei Minuten, ebenso die unsäglichen Grenz-Schikanen jener Zeit, in den 80-ern singen Karat das Lied vom "Blauen Planet", irgendwann schnell noch die Montags-Demos, dann ein bisschen Jubel, Trubel und Begrüßungsgeld und schließlich ein kurzer Blick auf den wirtschaftlichen Zusammenbruch im Osten sowie der Hinweis, dass auch im vermeintlich goldenen Westen nicht alles top war ...

Wüsste man nicht genau, dass diese Zeiten so unfassbar viele Facetten und reihenweise Wendepunkte für die Geschichtsbücher hatten, man ginge aus dieser Story mit dem lakonischen Eindruck heraus, dass so viel in den letzten 40 Jahren eigentlich gar nicht passiert ist in Deutschland und dass die DDR zwar nicht direkt nur ein Idyll, aber so schlimm auch wieder nicht gewesen sein kann. Jedenfalls nicht so schlimm, dass es gleich eines Umsturzes bedurft hätte.

Liebe auf den ersten Blick oder heimliche Affäre?

Im Gegensatz zum ziemlich konturenlosen Rahmen ist die Liebesgeschichte im Zentrum allerdings ungemein scharf gezeichnet. Sie schafft es zumindest streckenweise den Zuschauer zu berühren und mit auf die lange Zeitreise zu nehmen. Katharina Wackernagel, der ehemalige Star aus den "Stralsund"-Krimis im ZDF, ist der absolute Hingucker des Films und jederzeit glaubhaft: ob mit Mitte 20 oder später, Jahre nach der Wende, als reife Frau. Und Peter Schneider ("Die Summe meiner einzelnen Teile", "Nackt unter Wölfen") ist als zupackender Tischler aus dem Osten schlichtweg eine Sensation.

Die beiden geben Gregor und Elke jene Wucht und Lebensnähe, die der Rest des nun im Ersten wiederholten Films vermissen lässt. Über all die Jahre die allermeiste Zeit voneinander getrennt, aber auch irgendwie immer gemeinsam übersteht das Paar die Zeiten. Drei Jahrzehnte später gilt es Bilanz zu ziehen: War es wirklich die große Liebe oder vielleicht doch nur die Sehnsucht danach, die diese Romanze gespeist hat? Dieser Aspekt, das muss man sagen, wird mit so viel echtem Gefühl herausgearbeitet, das man am Ende Gänsehaut bekommt. Als Liebesgeschichte wundervoll, der Rest ist leider spröde und unerheblich.

Jedes Jahr im Juni – Mi. 21.02. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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