SAFE
08.11.2022 • 20:15 - 20:55 Uhr
Serie, Dramaserie
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Originaltitel
Safe
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2022
Serie, Dramaserie

Caroline Links Psychotherapie

Von Eric Leimann

Caroline Link ("Der Junge muss an die frische Luft") hat Kinder und Jugendliche in Filmen schon immer sensibler und spannender inszeniert als andere. Nun legt die 58-jährige Regisseurin ihre erste Fernsehserie vor: "Safe" erzählt authentisch und liebevoll aus einer Berliner Psychotherapie-Praxis.

Nein, vom Kino will sich Deutschlands vielleicht erfolgreichste Regisseurin nicht verabschieden, sagt sie. Die acht mal 45 Minuten lange Serie "Safe" (ab 8. November dienstags und mittwochs, jeweils ab 20.15 Uhr, in Doppelfolgen bei ZDFneo oder ab Freitag, 28. Oktober, komplett in der Mediathek) soll eher ein "Einzelfall" bleiben. Ein Ausscheren zum kleineren Bildschirm, bevor die Mutter einer gemeinsamen Tochter mit Regie-Kollege Dominik Graf wieder zu ihrer großen Liebe, dem Kino, zurückkehrt. Andererseits hätte man das Projekt über eine Psychotherapie mit vier Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen sechs und 16 Jahren wohl auch nur im Fernsehformat realisieren können. Denn Therapie braucht Zeit, das macht "Safe" auch in seiner Machart so klar wie keine Psychotherapie-Serie zuvor. Doch worum geht es?

Die befreundeten Therapeuten Katinka (Judith Bohle) und Tom (Carlo Ljubek) betreiben in einer grünen Ecke Berlins eine Praxis für Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen. Der Ansatz ihrer non-direktiven Methode ist, dass die "Seelenklempner" ihren jungen Patientinnen und Patienten stets wertschätzend gegenübertreten, ihre Gedanken aufnehmen und sie bestärkend wiederholen. Wertungen sind in dieser Therapieform kontraproduktiv, verurteilt oder offen "analysiert" wird in diesem Rahmen nicht. Nicht bei der sechsjährigen Ronja, die im Kindergarten durch aggressives Verhalten auffällt und eine besonders enge Beziehung zu ihrem Vater hat. Nicht beim vernünftigen achtjährige Jonas, dessen Vater an Krebs sterben wird, bei der 15-jährigen Nellie, die unter Panikstörungen leidet und auch nicht bei Sam, einem jugendlichen Straftäter, der von einer Pflegefamilie zur nächsten gereicht wird.

Vier Therapien in sechs Stunden

Pro 45-Minuten-Folge erlebt man bei zwei Patientensitzungen à 15 bis 20 Minuten und verfolgt zu Beginn und zwischen den Therapiestunden ein wenig Privatleben der Therapeuten. Die kinderlose Katinka liebt einen verheirateten Mann, der sich nicht von seiner Familie trennen will, während der getrennt lebende Tom mehr Zeit als zuletzt mit seiner Teeangertochter verbringen möchte. Katinka und Tom, der zudem Gemütshund Casanova mit zur Arbeit bringt, wirken wie vertraute alte Freunde, zwischen den sogar mehr "gehen" könnte, aber nicht muss.

So offen, wie Caroline Link ihr Therapeuten-Setting beschreibt, sind auch die Therapie-Sessions selbst. Wer andere Psychotherapie-Serien wie das gefeierte HBO-Werk "In Treatment" (bei Sky) oder seine französische Variante "In Therapie" (ARTE) kennt, die beide auf dem israelischen Original "Be Tipul" basieren, wird hier mit einem etwas anderen filmischen Ansatz konfrontiert: Die Therapeuten erscheinen weniger "schlau" und wortgewandt, ihre Erkenntnisse sind nicht Ergebnis tiefenpsychologischer Detektivarbeit, sondern man schaut eher einem – wenn auch professionell gelenkten – Prozess der Öffnung menschlicher Gefühle zu.

Langsam bis hin zum "Experimentellen", aber nicht langweilig

An das Langsame, ruhig Beobachtende der Serie wird sich mancher gewöhnen müssen, was der Grund dafür sein mag, dass diese herausragend geschriebene, inszenierte und vor allem gespielte Serie "lediglich" bei ZDFneo läuft. Nicht nur die beiden Therapeuten-Darsteller machen ihre Sache großartig, auch die Kinder und Jugendlichen sind so gut, dass man es kaum glauben kann. Vor allem die Figuren des achtjährigen Jonas (Jonte Blankenberg) und der 15-jährige Powersportlerin Nellie (Carla Hüttermann) beeindrucken. Bei der sechsjährigen Ronja (Lotte Shirin Keiling) hat man die "Schauspielerin" wohl überzeugend in eine authentische Spielwelt gebracht, während der 16-jährige Sam (Valentin Oppermann) ein klein wenig abfällt. Nicht, weil der Schauspieler schlechter wäre, aber die Figur des wütenden, jugendlichen Delinquenten hat man – im Gegensatz zu den anderen drei Figuren – eben schon öfter gesehen.

Tatsächlich fühlt man sich beim Betrachten von "Safe", als würde man einer echten Therapie beiwohnen. Wobei nicht gemeint ist, dass die Serie quasi-dokumentarisch wirkt, denn dafür ist sie zu "schön" (Blicke aus dem Fenster in den Garten, Pianoklänge) inszeniert und fotografiert. Caroline Link ("Zeit der Stille", "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl"), die vielleicht beste und positivste Beobachterin junger Leben in Deutschland, legt mit "Safe" einen absolut ungewöhnlichen Serienspagat hin: Es ist eine Wohlfühlserie über Menschen mit Problemen, die trotzdem sehr genau hinschaut. Sie ist langsam bis hin zum "Experimentellen", aber dennoch nicht langweilig. Man muss sich nur darauf einlassen, dann geht es einem nach ein paar Sitzungen mit Katinka und Tom auch viel besser. Vielleicht bekommen die beiden ja eine zweite Staffel. Potenzial für Geschichten mit neuen Patienten und Entwicklungen im Therapeuten-Gespann böte dieses deutsche Serien-Kleinod ganz sicher.

Safe – Di. 08.11. – ZDFneo: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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