Sie sagt. Er sagt.
26.02.2024 • 20:15 - 22:00 Uhr
Fernsehfilm, Drama
Lesermeinung
Katharina Schlüter (Ina Weisse) ist eine bekannte TV-Journalistin. Mehrere Jahre hatte sie eine Liebesaffäre mit einem bekannten Unternehmer, die sie vor ihrer Familie verheimlichte. Vor Gericht schildert sie das Ende der Affäre - und den nicht einvernehmlichen Sex mit ihrem Ex-Geliebten.
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Der Angeklagte Christian Thiede schweigt in der ersten  Hälfte des Films. Kaum ein Schauspieler entwickelt dabei eine solche Ausstrahlung wie Godehard Giese, der die Rolle im Gerichtsdrama verkörpert.
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Das Schirachsche Gerichtskammerspiel "Er sagt. Sie sagt" verhandelt den Fall des Vorwurfs einer Vergewaltigung.
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Anwalt Biegler (Matthias Brandt) vertritt jene Frau, die ihrem Ex-Geliebten Vergewaltigung vorwirft.
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Die junge Anwältin Breslau (Henriette Confurius) verteidigt den bekannten Unternehmer Christian Thiede (Godehard Giese), dem Vergewaltigung vorgeworfen wird.
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Rechtsmedizinerin Laux-Frohnau (Proschat Madani) schildert die Details ihres Fachgebietes zum Fall.
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Die trocken nüchterne Atmosphäre eines deutschen Gerichtssaals bildet mal wieder den Rahmen für ein kluges Kammerspiel Ferdinand von Schirachs.
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Die Vorsitzende Richterin (Johanna Gastdorf) muss entscheiden, wie im verzwickten Fall des Vorwurfs einer Vergewaltigung aufgrund der Fakten und des Rechts zu entscheiden ist.
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Die psychologische Sachverständige Altstedt (Maria Köstlinger) erklärt den Fall aus ihrer fachlichen Perspektive.
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Originaltitel
Sie sagt. Er sagt.
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2024
Fernsehfilm, Drama

Schirachs Sex-Dilemma

Von Eric Leimann

Seine Gerichts-Kammerspiele haben schon Tradition im deutschen Fernsehen. In "Sie sagt. Er sagt. von Ferdinand von Schirach" wird der Fall einer prominenten Journalistin (Ina Weisse) und eines bekannten Unternehmers (Godehard Giese) verhandelt. Er soll die Ex-Geliebte vergewaltigt haben. Stimmt das?

Die trocken nüchterne Atmosphäre eines deutschen Gerichtssaals bildet mal wieder den Rahmen für ein kluges Kammerspiel Ferdinand von Schirachs. Nach "Terror – Ihr Urteil" (2016) und "GOTT von Ferdinand von Schirach" (2020) ist "Sie sagt. Er sagt. von Ferdinand von Schirach" das dritte Drehbuch des Bestseller-Autors und Juristen, das auch am Bildschirm wie ein Theaterstück oder Gerichtskammerspiel funktioniert. Nach den Fragen, wie viel ein Menschenleben im Zuge der Terrorabwehr wert ist und jener, ob der "Freitod" erlaubt sein muss, geht es diesmal um eine andere hochaktuelle Frage. Die bekannte TV-Journalistin und Moderatorin Katharina Schlüter (Ina Weisse) und den Industriellen Christian Thiede (Godehard Giese) verbindet eine jahrelange heimliche Affäre. Dann trennt sich das Paar, doch bei einem Wiedersehen kommt es zum Sex. Laut Katharina Schlüter gegen ihre Willen.

Schlüter, die von Anwalt Biegler (Matthias Brandt) unterstützt wird, berichtet, wie aus zunächst einvernehmlichem Sex in Thiedes Wohnung eine Vergewaltigung wurde. Aber reichen Indizien wie Spermaspuren auf dem Kleid, das sie an diesem Tag trug, als Beweismittel aus? Der Angeklagte, vertreten durch seine junge Anwältin Breslau (Henriette Confurius), schweigt in der ersten Hälfte des Films. Es wird die Expertise von Sachverständigen wie einer Rechtsmedizinerin (Proschat Madani) oder einer psychologischen Gutachterin (Maria Köstlinger) eingeholt. Schließlich muss das Gericht unter der Vorsitzenden Richterin (Johanna Gastdorf) ein Urteil fällen – nach mehreren teils unerwarteten Wendungen.

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Wann ist Sex einvernehmlich?

Die Gerichtsdramen von Ferdinand von Schirach sind nichts für Menschen, die auf Tempo und knappe Dialoge stehen. Dennoch ist auch "Sie sagt. Er sagt" (Regie: Matti Geschonneck, "Die Wannseekonferenz") spannender als das meiste, was im deutschen Fernsehen unter dem Siegel Krimi ansonsten läuft. Wer sich hier aufs genaue Zuhören einlässt (Drehbuch: Ferdinand von Schirach) wird schnell in einen Bann gezogen.

Mal ist man überzeugt, die Frau hat Recht, dann zweifelt man wieder an ihrer Darstellung – und umgekehrt. Natürlich trägt das brillante Spiel Ina Weisses und Godehard Gieses zu diesem verblüffenden Effekt erheblich bei. Giese, der die erste Hälfte des Films ohne Zeile bleibt, weil seine Figur vor Gericht schweigt, ist so verblüffend gut, dass man sich fragt, welcher andere deutsche Schauspieler eine so lange Phase ohne Worte ähnlich facettenreich bebildern könnte.

Ähnlich interessant sind die Beiträge der Sachverständigen. Hier werden gängige Vergewaltigungsmythen und typisch menschliche Fehlurteile zum Thema seziert: Zum Beispiel, dass man jenen mehr glaubt, die bei der Schilderung der eigenen Leidenserfahrungen weinen und den mutmaßlichen Täter sofort anzeigen. Das Gegenteil an Reaktion ist jedoch wohl meistens der Fall. Die Tat wird schockiert schweigend ertragen, bis man sich zur Anzeige durchringen kann, dauert es oft längere Zeit. Auch die Idee, dass Vergewaltiger Fremde sind, die in dunklen Gassen lauern und gegen die man sich wehrt, ist statistisch betrachtet nicht allzu häufig. Nach der für den Grimme-Preis nominierten ARD-Serie "37 Sekunden" ist "Sie sagt. Er sagt. von Ferdinand von Schirach" der zweite bärenstarke, weil fein differenzierte deutsche Fiction-Beitrag zur schwierigen Frage: Wann ist Sex einvernehmlich, und wann wird er zur Vergewaltigung?

Am Ende des Films heißt es: "Nur die strengen Regeln der Strafprozessordnung schützen uns vor dem voreiligen Griff nach der Wahrheit" Es ist ein Kernsatz in von Schirachs Werk und ein Plädoyer des Autors zur differenzierten Betrachtung komplexer Sachverhalte. Ein Aufruf, den unsere Gesellschaft gerade heute wieder bitter nötig hat. Im Anschluss an die lineare Ausstrahlung des Films folgt "Sie sagt. Er sagt. Die Dokumentation". Im Film von Sandra Hardinghaus und Jörn-Andres Gerit geht es um die interessante Frage, wie Richterinnen und Richter – trotz subjektiver Meinungen und anderer "weicher Faktoren" – zu ihren Urteilen gelangen.

Sie sagt. Er sagt. von Ferdinand von Schirach – Mo. 26.02. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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