Was Deutschland bewegt
28.05.2018 • 20:15 - 21:00 Uhr
Report, Dokumentation
Lesermeinung
Nur wenige Betroffene sexueller Gewalt trauen sich, den Täter anzuzeigen. Die Gerichtsverhandlung ist für die Opfer sexueller Gewalt oft eine große Hürde.
Vergrößern
Betroffene sexueller Gewalt haben Angst in der Öffentlichkeit.
Vergrößern
Nora kämpft sich nach einem Übergriff wieder ins Leben.
Vergrößern
Nach einer EU-Studie gehen nur 15 Prozent der Frauen nach sexueller Gewalt zur Polizei.
Vergrößern
Vergewaltigungsopfer haben Angst, dem Täter erneut zu begegnen.
Vergrößern
Produktionsland
Deutschland
Report, Dokumentation

Vergewaltigungsopfer auf dem Leidensweg

Von Rupert Sommer

Die #MeToo-Debatte hat vielen missbrauchten Frauen Mut gegeben, sich öffentlich gegen sexuelle Gewalt zu wehren. Allerdings werden immer noch viel zu wenige Fälle vor Gericht gebracht.

Durch die von den Medien intensiv begleitete #MeToo-Debatte sind sexueller Machtmissbrauch, Übergriffe von Vorgesetzen oder anderen Bezugspersonen aus dem unmittelbaren Nahbereich sowie schwere Verbrechen wie Nötigung und Vergewaltigung im öffentlichen Fokus. Immer mehr Frauen wagen sich mit ihren Leidensgeschichten, die sie zuvor oft mehr oder weniger still, aber qualvoll ertragen haben, in die Öffentlichkeit. Doch die neue, vom WDR fürs ARD-Hauptprogramm produzierte Dokumentation "Die Story im Ersten: Was Deutschland bewegt!" mit dem Untertitel "Vergewaltigt. Wir zeigen an!" zeigt, dass bei der tatsächlichen Aufarbeitung der Straftaten vor Gericht und im Opferschutz noch vieles im Argen liegt. Die ARD setzt damit ihre löbliche neue Reihe von wirklich ernsten Doku-Themen auf dem Sendeplatz, der lange von seichten Produkt-Checks geprägt war, fort.

Laut der Filmemacherin Nicole Rosenbach hat die Diskussion rund um sexuelle Gewalt zwar die Öffentlichkeit aufgerüttelt. Allerdings reichen die Folgerungen aus #MeToo noch lange nicht aus. Vor allem fehlen, so Rosenbach, in Deutschland angemessene Strukturen, die es Frauen auch tatsächlich erleichtern, nach Vergewaltigungen oder Übergriffen Anzeige erstatten. Nur 15 Prozent der Opfer melden diese laut einer EU-Studie auch wirklich bei der Polizei. Grund: Viele Betroffene, in der Mehrzahl Frauen, fürchten die Konsequenzen, die ihnen nicht nur im privaten Umfeld, sondern vor allem vor den Gerichten, die sie eigentlich schützen sollten, widerfahren können.

PRISMA EMPFIEHLT
Täglich das Beste aus der Unterhaltungswelt bequem in Ihr Mail-Postfach? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter "PRISMA EMPFIEHLT" und erhalten ab sofort die TV-Tipps des Tages sowie ausgewählte Streaming- und Kino-Highlights.

Dies belegt die WDR-Doku mit teilweise erschreckenden Beispielfällen. So erlebte die 22-jährige Anna, die von gleich zwei Männern sexuell missbraucht wurde, im Gerichtssaal ein wahres Martyrium. Auf einen Antrag der Verteidigung hin musste sich Anna in Gegenwart der Täter vor Gericht Videoaufnahmen ihrer Peiniger ansehen, die ihre Schandtat gefilmt hatten. Die albtraumhaften Bilder verfolgen sie noch heute und bereiten ihr schlaflose Nächte. Eine Verarbeitung ihrer Qualen wird immer schwieriger.

Massiven Gegenwind, überhaupt erst vor Gericht zu ziehen, bekam die 30-jährige Soldatin Nora zu spüren. Sie berichtet in der Dokumentation, wie beklemmend es war, mit ihren Schilderungen eines sexuellen Übergriffs innerhalb der Bundeswehr Gehör zu finden. Spuren und Videoaufzeichnungen legten die Täterschaft eines Kameraden ziemlich eindeutig nahe. Dennoch wurde Nora signalisiert, dass es besser wäre, das Verbrechen totzuschweigen. "Wissen Sie eigentlich, was Sie ihrem Kollegen mit einer Anzeige antun?", soll Nora von einem Oberstleutnant unter vier Augen gefragt worden sein. Kein Wunder, dass die junge Frau in den Wochen nach der Tat immer stärker das Gefühl beschlich, sie wandle sich gegen ihren Willen vom Opfer zur Täterin.

Besonders bedrückend ist schließlich Lisas Fall, den Nicole Rosenbach in der 45-Minuten-Sendung rekonstruiert. Als Opfer eines sexuellen Übergriffs brachte die Frau ihren Fall zur Anzeige. Die Staatsanwaltschaft erhob gegen den mutmaßlichen Täter 2014 auch Anklage wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Lisas Aussage wurde als glaubhaft eingestuft. Dennoch befindet sich ihr Gegner weiterhin auf freiem Fuß. Schlimmer noch: Schwer traumatisiert kann Lisa ihm jeden Tag auf der Straße begegnen. Sie kann immer noch nicht verstehen, warum der Prozess noch nicht eröffnet wurde. Angeblich gebe es "vorrangige Fälle", so das zuständige Gericht.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Top stars

Das beste aus dem magazin

Claudia Michaelsen ist als "Polizeiruf 110"-Kommissarin zu sehen.
HALLO!

Claudia Michelsen: "Es geht um zunehmend verloren gehende Empathie"

"Polizeiruf"-Kommissarin Claudia Michelsen spricht im Interview über ihre Figur, Moral in Krimis und ihre kommenden Projekte.
Michael Kaeshammer ist ab Mitte Mai auf Deutschland-Tournee.
Weitere Themen aus dem Magazin

Michael Kaeshammer: „Wenn man nichts zu sagen hat, kann man nichts Echtes kreieren“

Michael Kaeshammer füllt in Nordamerika große Säle und hat im kanadischen TV sogar seine eigene Kochshow namens „Kaeshammer‘s Kitchen“. Seine Musik, natürlich vom Jazz beeinflusst, vereint Pop, Blues und Rock’n‘Roll - und überzeugt nicht zuletzt durch Kaeshammers einzigartigen und mitreißenden „Crossover Style“. Mit seinem neuen Album „Turn It Up“ möchte der gebürtige Offenburger, der in jungen Jahren ausgewandert ist, auch in Deutschland den Durchbruch schaffen. prisma hat mit dem Musiker gesprochen.
Ian Hill von Judas Priest!
Star-News

Ian Hill: "Kein Wunder, dass damals so ziemlich jeder übergeschnappt ist"

Ian Hill ist der Bassist der Heavy-Metal-Band Judas Priest. Im Interview spricht der Engländer über die wilden 80er, wie ihre Musik geprägt hat und über vieles mehr.
Professor Dr. Sven Ostermeier
ist Facharzt für Orthopädie und 
Unfallchirurgie, Sportmedizin, 
Chirotherapie und spezielle 
orthopädische Chirurgie. Der 
Schulter- und Knie-Experte arbeitet als leitender Orthopäde 
der Gelenk-Klinik Gundelfingen. 
Außerdem ist er Instruktor der  Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA).
Weitere Themen aus dem Magazin

Sportlich fit bis ins hohe Alter – so geht´s

Welche Sportarten Best Ager ab 55 Jahren starten können und welche besser nicht, hat prisma Sportmediziner Dr. Sven Ostermeier im zweiten Teil der Serie „Sport im Alter“ gefragt.
Dr. Melanie Ahaus 
ist niedergelassene Kinder- und Jugendärztin in Leipzig und Sprecherin 
des Berufsverbandes der Kinder- und 
Jugendärzt*innen 
in Sachsen.
Weitere Themen aus dem Magazin

Dellwarzen – lästiges Mitbringsel aus dem Schwimmbad

Dellwarzen sind ein lästiges Mitbringsel aus dem Schwimmbad. Dr. Melanie Ahaus erklärt in der prisma Arzt-Kolumne, was am besten dagegen hilft.
Katharina Wackernagel spielt in „Mord mit Aussicht“ Marie Babler.
Weitere Themen aus dem Magazin

Katharina Wackernagel: „An die Stelle von Skepsis ist Vorfreude getreten“

Fans des fiktiven Eifel-Örtchens Hengasch können sich freuen: Ab Dienstag, 16. April, läuft die fünfte Staffel der Erfolgsserie "Mord mit Aussicht" immer dienstags um 20.15 Uhr in der ARD. prisma hat mit Hauptdarstellerin Katharina Wackernagel anlässlich dieses Starts gesprochen.