22.12.2025 Arzt-Kolumne

So entkommen Sie der Einsamkeitsspirale

von Andreas Hagemann
Einsamkeit betrifft Menschen jeden Alters und Geschlechts und kann zu ernsten gesundheitlichen Problemen führen. Die WHO bezeichnet sie als Pandemie des 21. Jahrhunderts. Doch es gibt Wege, diesem Gefühl entgegenzuwirken.
Dr. Andreas Hagemann
Dr. Andreas Hagemann ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er ist Ärztlicher Direktor der Privatkliniken Eschweiler, Merbeck und Duisburg sowie Geschäftsführer der Hagemann Privatklinik Gruppe GmbH. Die Privatkliniken sind spezialisiert auf Angst- und Panikstörungen, chronische Schmerzen, Burnout und Depressionen. Fotoquelle: Roeher Parkklinik

„Ich fühle mich einsam und weiß nicht, wie ich das ändern kann. Gleichzeitig bemerke ich bei mir eine gewisse Reizbarkeit und ich schlafe schlecht“, erklärte mir eine ältere Patientin vor Kurzem im Erstgespräch. Fehlende oder nicht ausreichende soziale Kontakte können uns nicht nur unglücklich und unzufrieden machen, sondern wirken sich auch psychisch und physisch vielfach negativ aus. Dauert dieser Zustand längere Zeit an, so sind unter anderem Stoffwechsel- und Schlafstörungen, Müdigkeit, Nervosität und Reizbarkeit bis hin zur Depression mögliche Folgen.

Einsamkeit ist keine Frage des Alters oder des Geschlechts. Jeder kann grundsätzlich davon betroffen sein. Nicht ohne Grund bezeichnet die Weltgesundheitsorganisation WHO Einsamkeit inzwischen als Pandemie des 21. Jahrhunderts. Wichtig ist es, sich einzugestehen, dass man einsam ist und sich auch so fühlt: Kenne ich das Problem, so kann ich dem gezielt entgegenwirken – beispielsweise durch vermehrte Treffen mit Familie, Freunden oder Kollegen. Wichtig dabei: Achten Sie bitte darauf, dass Sie sich mit Menschen umgeben, die Ihnen wirklich guttun und nicht durch ihr negatives Verhalten das Gegenteil bewirken. Entscheidend für das Gefühl der Einsamkeit ist die Qualität sozialer Beziehungen und nicht die Quantität. Gute Kontaktmöglichkeiten bieten Gesangs- oder insbesondere Sport-Vereine. Denn bei vielen psychischen Beschwerden helfen körperliche Bewegung oder gemeinsame Aktivitäten nachweislich. So war es auch bei der erwähnten Patientin, die nach einigen Therapiesitzungen und langem Zögern in einen Chor und einen Wanderclub eintrat – und hier nach eigenem Bekunden schließlich wieder sozialen Anschluss und Lebensfreude fand.

Klappt es nicht mit persönlichen Kontakten, so sind Telefonate oder Video-Konferenzen immer noch besser als gar kein Kontakt. Übrigens ist oft auch schon der kurze oberflächliche Plausch mit dem Nachbarn oder dem Briefträger hilfreich, um auf andere Gedanken zu kommen. Darüber hinaus können auch Haustiere, in erster Linie Hunde, gesellige Partner sein.

Ein erhöhtes Risiko, unter sozialer Isolation zu leiden und davon regelrecht krank zu werden, haben Menschen, die allein leben, insbesondere, wenn diese Lebensform nicht bewusst gewählt wurde. Steckt dahinter jedoch die klare Entscheidung gegen eine feste Beziehung oder Lebenspartnerschaft, so bedeutet ein Single-Haushalt nicht zwangsläufig Einsamkeit. Vor allem enge Freundschaften können der Einsamkeit in diesem Fall entgegenwirken.

Ist mit dem Alleinleben jedoch eine soziale Isolierung verbunden, so sind negative Auswirkungen sehr häufig.