Ärztlich verschriebene Abnehmspritzen können funktionieren, doch der Einsatz sollte gut überlegt sein. Eine Ärztin erklärt, für wen sich die Spritzen lohnen.
„Könnte mir die neue Abnehmspritze helfen?“ Das fragte mich ein stark übergewichtiger 61-jähriger Taxifahrer mit Diabetes vor Kurzem in meiner Sprechstunde. „Möglicherweise ja“, antwortete ich dem Patienten und erklärte ihm, dass mit einer höheren Dosierung seiner etablierten Medikamente und dem neuen Wirkstoff Tirzepatid grundsätzlich erstmals Gewichtsabnahmen möglich seien, die an chirurgische Ergebnisse heranreichen.
Auch der Langzeitblutzuckerwert von Diabetikern lässt sich auf diese Weise senken. Studien zeigen, dass besonders Herzinfarkte und Schlaganfälle zudem seltener sind. Sicher scheint aber auch, dass die Medikamente zwar sehr effektiv, aber nicht frei von Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und selten Darmverschluss sind. Schon allein deshalb sollten sie nicht als Lifestyle-Präparat zur Diät eingesetzt werden. Zudem ist eine dauerhafte Einnahme erforderlich. „Deshalb plädieren Mediziner und Hersteller stark dafür, die Medikamente nur adipösen Diabetikern zu verordnen, also Menschen, die eben unter zwei chronischen Erkrankungen leiden so wie Sie“, antwortete ich ihm.
Für viele stark übergewichtige Betroffene war bislang eine bariatrische OP (mit dem Ziel der Gewichtsreduktion) die einzig sinnvolle Behandlung. Neue Studien zu Darmhormonen und pharmazeutische Weiterentwicklungen machen Hoffnung auf einen Durchbruch in der medikamentösen Adipositas-Therapie. Der neue Arzneistoff Tirzepatid mit der Wirkung von zwei Darmhormonen ist zugelassen zur Behandlung adipöser Diabetiker. Laut Studien reduziert er bei Adipositas das Körpergewicht um mehr als 20 Prozent. Er sorgt dafür, dass Insulin produziert und die Magenentleerung gehemmt wird. Das Sättigungsgefühl hält so länger an. Es wird weniger und anders gegessen, zum Beispiel weniger Süßes.
Fettleibigkeit, medizinisch Adipositas, ist eine gesellschaftliche Herausforderung. Fast ein Fünftel der Erwachsenen in Deutschland ist betroffen, hat einen Body Mass Index (BMI) größer 30. Damit steigt auch das Diabetes-Risiko. Bewegung und Ernährung sind sehr wichtig zur Vorbeugung und Therapie. Einmal erkrankt, reicht Disziplin allein oft nicht mehr aus, um das Körpergewicht auf ein gesundes Maß zu senken. In Deutschland ist Adipositas seit 2020 als Krankheit anerkannt, ein wichtiger Schritt zur De-Stigmatisierung und Therapie.