„Seit Wochen leide ich vor allem abends unter müden, schmerzenden Beinen sowie dicken Knöcheln“, berichtete mir vor einigen Tagen eine 35-jährige Patientin in meiner Sprechstunde. „Ich vermute, dass es mit einer Venenschwäche zu tun hat, aber wodurch entsteht diese eigentlich?“, wollte die Patientin wissen. „In erster Linie ist dies ein genetischer Defekt“, erklärte ich der
jungen Frau.
Aber auch Alter, Bewegungsmangel, Übergewicht, Schwangerschaften und Geschlecht – Frauen sind weitaus öfter betroffen – spielen eine Rolle. Darüber hinaus ist bekannt, dass eine Veneninsuffizienz, so der medizinische Fachbegriff, auch vermehrt bei Menschen mit einem Lipödem, also einer Fettverteilungsstörung, auftreten kann. Ursache der Beschwerden ist der gestörte Blutfluss aufgrund defekter Venenklappen. Diese führen dazu, dass sich das Blut in den Gefäßen staut und nicht zurück ins Herz fließen kann. Ohne entsprechende Behandlung besteht über kurz oder lang die Gefahr von Krampfadern oder Thrombosen. Um eine fortgeschrittene Venenschwäche oder etwa Krampfadern als Ursache ihrer geschwollenen, schmerzenden Beine ausschließen zu können, empfahl ich der Patientin den Besuch eines Phlebologen, also eines Venenspezialisten. Glücklicherweise erkannte dieser keine sichtbaren Haut- und Gewebeveränderungen und auch die Ultraschall-Diagnose ergab im Fall dieser Patientin keinerlei Hinweis auf eine Venenerkrankung.
Nachweislich waren ihre Beschwerden allein auf das von mir bereits diagnostizierte Lipödem zurückzuführen. Ausschließlich dieser Erkrankung zuzuschreiben waren auch ihre Diätressistenz und eine Druck- und Berührungsempfindlichkeit in den betroffenen Arealen. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, eine zusätzliche mögliche Venenschwäche auszuschließen: Liegt eine solche vor und kann diese gegebenenfalls chirurgisch verbessert werden, so hat dies stets Vorrang vor der operativen Therapie eines Lipödems.
Wird eine Venenschwäche diagnostiziert, so stellt der Facharzt mit Hilfe spezieller Geräte zur Blutfluss-Messung das genaue Stadium des Leidens fest. Nach diesem Befund richtet sich die Behandlung – angefangen bei Kompressionsstrümpfen über Medikamente bis hin zur operativen Entfernung der Krampfadern. Je nach Ausprägung stehen dabei mehrere Methoden zur Verfügung, wie etwa das klassische Venenstripping und die sogenannten endoluminalen Verfahren – also die Behandlung der Krampfadern von „innen“ mittels eines Hitze-Katheters (Radiowelle oder Laser).
Zur Kräftigung der Venen empfehlen sich Radfahren, Joggen oder etwa Wandern. Präventiv helfen ausreichendes Trinken, der Verzicht auf Alkohol und Nikotin, eine ausgewogene Ernährung sowie regelmäßige Bewegung (Treppe statt Aufzug). Bei Übergewicht sollte eine Gewichtsreduktion angestrebt werden