01.07.2024 Technologie macht Fortschritte

Hautärzte nutzen KI, um festzustellen: Ist es harmlos oder Hautkrebs?

Künstliche Intelligenz (KI) wird einen Arzt nie vollständig ersetzen, kann aber zu einer schnelleren und sichereren Diagnostik und Therapie beitragen. Diesen Umstand machen sich Hautärzte aus Solingen zunutze und haben eine App entwickelt.

Die Zahl der Menschen in Deutschland, die an Hautkrebs erkranken, steigt rasant. In der Dermatologie kann künstliche Intelligenz (KI) zur frühzeitigen Diagnostik der Erkrankung beitragen – zunächst ohne dass der Patient eine Praxis aufsuchen muss. Zum Hautarzt gehen, ohne zum Hautarzt zu gehen – wie funktioniert das? Der Gang zur Hautarztpraxis wird komplett digitalisiert. Patienten mit Hautproblemen bekommen innerhalb von wenigen Stunden eine erste Antwort, welche weiteren Schritte notwendig sind, und ob ein Hautarztbesuch vor Ort notwendig wird.

Beispielsweise ist das mit der Hautarzt-App „dermanostic“ möglich. Sobald sie auf dem Smartphone installiert ist, kann es losgehen. Ein paar kurze Fragen müssen beantwortet und drei Fotos von der betroffenen Hautstelle hochgeladen werden. Dann dauert es maximal 24 Stunden, bis die Diagnose und ein ausführlicher Krankheits-, und Befundbericht vorliegt. Erstellt wird dieser von einem Team aus qualifizierten Fachärzten für Dermatologie. Dieser Weg ist auch bei schambesetzten Hautveränderungen im Genitalbereich eine niederschwellige Möglichkeit zur Diagnose, berichtet die App-Erfinderin, Gründerin und Ärztin Dr. Alice Martin.

Patienten können nicht nur Fotos ihrer Hautveränderung oder Hauterkrankung hochladen, die dann von erfahrenen Fachärzten für Dermatologie innerhalb kürzester Zeit bearbeitet werden. Sie können auch mit einem Chat-Bot Patientenfragen klären oder mit dem Patientensupport, der durch erfahrene Krankenschwestern geleistet wird, direkt kommunizieren. „Die meisten Fälle können auf diese Weise vollständig digital behandelt werden, die Patienten erhalten Arztbrief und Therapieempfehlung“, sagt Dr. Alice Martin. Ist eine Weiterbehandlung nötig, wird der Kontakt zu einem niedergelassenen Hautarzt hergestellt. Dr. Alice Martin berichtet prisma von einem Fall aus Ihrer Praxis. Der Patient war zweimal wegen eines Muttermals bei seinem Hautarzt gewesen und hatte zuletzt noch vor wenigen Wochen die Diagnose „harmlos“ erhalten. Doch der junge Mann fühlte instinktiv, dass etwas was nicht in Ordnung war, weil sich das Muttermal innerhalb von zwei Monaten stark verändert hatte. Deshalb nutzte er diesmal die App und erhielt die Empfehlung, eine histopathologische Untersuchung – also eine mikroskopische Diagnostik einer Gewebeprobe – machen zu lassen. Tatsächlich hatte der Patient Hautkrebs und wurde erfolgreich operiert. 

Hautkrebs: dunkel oder hell

Hautkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten. Der schwarze Hautkrebs, das sogenannte maligne Melanom, kann überall auf der Haut entstehen. „Er kann im schlimmsten Fall zum Tode führen, weil er Absiedelungen sogenannter Metastasen bildet, die auch in innere Organe streuen können. Der helle Hautkrebs hingegen ist leichter zu behandeln, weniger aggressiv und die Betroffenen sind nach der Behandlung in der Regel auch geheilt“, erklärt Professor Dr. Dirk Schadendorf, Leiter der Klinik für Dermatologie der Universitätsmedizin Essen.

Die meisten gesetzlichen Krankenkassen übernehmen alle 24 Monate die Kosten für ein Screening bei Versicherten ab 35 Jahren. Manche Krankenkassen bieten diese Screenings auch für jüngere Menschen an. Das sollten alle nutzen, denn mit bloßem Auge ist der Hautkrebs oftmals nicht zu erkennen. „Zunächst verursacht er keine Schmerzen. Knotenbildung, blutige oder sehr juckende Hautstellen können Hinweise auf Hautkrebs sein. Diese sollten zeitnah von einem Hautarzt kontrolliert werden. Erkennen wir den Tumor frühzeitig, können wir ihn oft erfolgreich operieren. Das Basalzellkarzinom, etwa zweihunderttausendfach pro Jahr in Deutschland diagnostiziert und die häufigste Art des hellen Hautkrebses, hat bei frühzeitiger Erkennung eine sehr gute Heilungschance von fast 100 Prozent“, so Schadendorf.