„Ich bin vom Hörgeräteakustiker zu Ihnen geschickt worden, um festzustellen, ob bei mir ein Hörgerät sinnvoll wäre. Mir fällt es immer schwerer, einem Gespräch zu folgen, wenn viele Personen gleichzeitig reden. Aus dem Grund habe ich sogar schon Einladungen abgesagt, weil es mir zu peinlich ist, im Gespräch ständig nachfragen zu müssen“, berichtete mir eine 70-jährige Patientin, die nach einem Hörtest beim Hörakustiker in meiner Sprechstunde erschien. „Eine verminderte Hörfunktion kann die aktive Teilnahme am Leben tatsächlich erheblich einschränken“, bestätigte ich meiner Patientin.
Die Ursachen beginnender Altersschwerhörigkeit sind in der Regel Verschleißerscheinungen im Innenohr. Nach und nach leidet dadurch die Hörleistung. Jedoch meistens so langsam, dass dies zunächst von den Betroffenen kaum bemerkt wird. Viele ältere Patienten haben sich daran gewöhnt, immer weniger zu hören, und machen erst sehr spät einen Hörtest. Doch je länger man wartet, umso schwieriger wird es für das Gehirn, Sprache zu verstehen. Um abschließend beurteilen zu können, ob es sich bei der Patientin tatsächlich um einen altersbedingten schleichenden Hörverlust handelte oder eine andere Ursache vorlag, untersuchte ich die Gehörgänge der 70-Jährigen. Diese waren ohne Befund. Um eine sichere abschließende Diagnose zu stellen, waren zwei verschiedene Hörtests nötig: ein Ton-Audiogramm und ein Sprach-Audiogramm. Bei letzterem werden unter anderem einzelne Wörter bei einer Lautstärke von 65 Dezibel abgefragt. In der Tat zeigten die Ergebnisse, dass die Patientin eine altersentsprechende Hörminderung hat. „Wenn ich aber 80 Prozent der Wörter verstehe, sollte bezüglich einer Hörgeräteversorgung beraten werden. Das ist bei Ihnen noch nicht ganz der Fall“, erklärte ich meiner Patientin. „Verordnen Sie mir jetzt doch kein Hörgerät?“, fragte mich die Patientin. Ich erklärte ihr, dass sie zwar noch eine Weile ohne Hörgerät auskommen könne, aber ein zunehmender Hörverlust sich bei Altersschwerhörigkeit immer schleichend einstellt und man auch nicht zu lange warten sollte. Denn wer das Hörgerät aufschiebt, verliert irgendwann die Fähigkeit für das akustische Sprachverständnis. Da Hören ein sehr komplexer Vorgang ist, hat es sogar Einfluss auf die Denkleistung des Gehirns. Hören bedeutet mehr als einen Ton wahrzunehmen: Das Sprachverständnis läuft im Gehirn ab. Es kann als kognitiver Vorgang verloren gehen, wenn nicht mehr genug akustische Reize von außen kommen.
Heute helfen volldigitale Hörsysteme das Hörvermögen bestmöglich zu kompensieren. Die High-Tech-Systeme werden durch einen Hörakustiker an den individuellen Hörverlust angepasst. Der erfahrene Hörgeräteakustiker geht auf seine Kunden ein, findet gemeinsam das individuell passende Hörsystem und begleitet durch die wichtige und mitunter schwierige Eingewöhnungsphase. Wie lange diese dauert, ist individuell unterschiedlich und hängt auch vom Grad des Hörverlustes ab – es kann aber durchaus mehrere Wochen erfordern.