20.01.2025 Arzt-Kolumne

Ist Clean Eating gesund?

Von Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser
Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser ist Oberarzt 
und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie am Sana-Klinikum Remscheid und bekannt als „Doc Esser“ in TV, 
Hörfunk und als Buchautor.
Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser ist Oberarzt und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie am Sana-Klinikum Remscheid und bekannt als „Doc Esser“ in TV, Hörfunk und als Buchautor. Fotoquelle: WDR / Herby Sachs

"Mein halber Bekanntenkreis schwört jetzt auf Clean Eating", berichtete mir vor einigen Wochen eine 42-jährige Patientin. „Aber wissen Sie, was sich dahinter genau verbirgt, und ist das wirklich so gesund?“, fragte sie mich. Ich selbst bin kein großer Fan der ganzen Ernährungstrends. Gefühlt kommt jeden Monat ein neuer Trend, wobei die meisten den ganzen Gesundheitsversprechen gar nicht entsprechen. „Was Clean Eating angeht, so bin ich recht angetan von der Grundidee“, antwortete ich ihr.

Clean Eating ist ein angesagter Ernährungstrend, der ursprünglich von einem Topmodel populär gemacht wurde. Dabei werden Lebensmittel in „saubere“ und „unsaubere“ eingeteilt: Je weniger verarbeitet ein Produkt ist, desto „sauberer“ gilt es.

Zucker, Zusatzstoffe und stark verarbeitete Lebensmittel sind verpönt. Stattdessen stehen frische, saisonale und regionale Zutaten wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und hochwertige Fette im Mittelpunkt. Idealerweise handelt es sich um Bio-Produkte ohne Pestizide und lange Transportwege. Fleisch ist erlaubt, sollte aber hochwertig sein. Wurst und Aufschnitt hingegen sollten besser vermieden werden. Schonende Zubereitungsarten wie Dünsten oder Dämpfen schützen die Nährstoffe. Drei Haupt- und zwei Zwischenmahlzeiten – mit einem gesunden Frühstück als Basis – werden empfohlen.

Immer mehr Hersteller von Lebensmitteln springen auf den Zug des Clean Eating auf. War man früher der Meinung, dass der Konsument so wenig wie möglich von den Inhaltsstoffen eines Lebensmittels wissen sollte, gehen die Hersteller jetzt den anderen Weg und versuchen, so transparent wie möglich zu sein. So gibt es Hersteller, die damit werben, dass ihre Produkte weniger als fünf Inhaltsstoffe haben und frei von Konservierungsstoffen, künstlichen Farben und Aromastoffen sind. Und anstatt des Kleingedruckten auf dem Etikett werden die wenigen Zutaten stolz in großen Lettern präsentiert.

Mein Fazit lautet: Clean Eating ist eine gesunde und ausgewogene Ernährungsweise, solange die Regeln nicht zu streng ausgelegt werden. Wer frisch und bewusst kocht, darf sich auch mal eine Fertigpizza gönnen. „Dogmatisches Verhalten kann kontraproduktiv sein – bleiben Sie entspannt und genießen Sie bewusst!“, gab ich der Patientin als Tipp mit auf den Weg.