„Ich habe sehr häufig Selbstzweifel oder Versagensängste. Das führt dazu, dass ich mein Handeln und meine Fähigkeiten ständig überkritisch in Frage stelle“, erklärte mir ein 45-jähriger Burnout-Patient, der mir vor einiger Zeit von seinen belastenden Selbstzweifeln berichtete. Er war sehr erfolgreich und qualifiziert im Job, hatte aber dennoch stets das Gefühl, seine Leistungen würden überschätzt und er sei unverdient die Karriereleiter hochgeklettert. Ständig lebte er in der Angst, dass seine Kollegen dieses scheinbare Manko erkennen und ihn irgendwann als Hochstapler (englisch: impostor) enttarnen würden.
Aus dem Gefühl heraus, nicht gut genug zu sein, werden von Impostor-Betroffenen immer neue Anstrengungen unternommen, um Wertschätzung zu erfahren. Der Vergleich mit anderen führt dazu, dass der Blick vor allem auf eigene Schwächen fällt und darauf, was andere vermeintlich besser können. Der kritische Selbstblick schwächt das Selbstwertgefühl.
Zugleich entstehen ein Konkurrenzgedanke und der Wunsch, ebenso „gut“ zu sein wie andere. Das wiederum ebnet Perfektionismus (einem weiteren typischen Anzeichen für das Hochstapler-Syndrom) und weiterem Leistungsdruck den Weg. Nicht selten führt diese fatale Spirale zu einer ernsthaften psychischen Störung, beispielsweise zu Angsterkrankungen, Depressionen oder einem Burnout, wie im Fall meines 45-jährigen Patienten. Über Jahre erledigte er seine Aufgaben mit größter Akribie und Fleiß – bis hin zur völligen Erschöpfung, die ihn schließlich in unsere Klinik führt.
Die genauen Ursachen des HochstaplerSyndroms hat die Wissenschaft noch nicht entschlüsselt. Wahrscheinlich spielen Genetik und Erziehung eine Rolle. Frauen sind ebenso betroffen wie Männer. Heutzutage wissen wir zudem, dass dieses psychische Phänomen auch in Familie und Schule auftreten kann. Einen Test, wie etwa bei Depressionsverdacht, gibt es nicht. Viele Menschen sind von diesem Phänomen zumindest zeitweilig betroffen – der eine mehr, der andere weniger. Problematisch wird es bei starker Ausprägung und Dominanz. In diesem Fall kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Bei leichteren, sporadisch auftretenden Beschwerden helfen tägliche Wohlfühl-Momente dabei, negativen Gedankenschleifen und Stress entgegenzusteuern. Das kann der mittägliche Spaziergang sein oder die abendliche gesellige Runde mit Familie oder Freunden. Nachweislich positiv wirken sich auch Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder die Progressive Muskelrelaxation aus. Denn: Kontinuierliche Zeiten im Entspannungsmodus fördern die körperliche und geistige Regeneration. Außerdem ermöglichen sie es dem Patienten, besser mit belastenden Situationen umzugehen.