06.01.2025 Arzt-Kolumne

Neue Wege in der Epilepsie-Therapie: Ein Leben ohne Anfälle

Von Dr. Julia Fischer
Dr. Julia Fischer moderiert mittwochs um 20.15
Uhr die SWR-Gesundheitssendung „Doc Fischer“,
ist Buchautorin („Medizin der Gefühle“) und medizinische Expertin in Talkshows wie „hart aber fair“
(ARD). Als Host des „ARD Gesund“-YouTube-Kanals
erklärt sie medizinische Themen.
Dr. Julia Fischer moderiert mittwochs um 20.15 Uhr die SWR-Gesundheitssendung „Doc Fischer“, ist Buchautorin („Medizin der Gefühle“) und medizinische Expertin in Talkshows wie „hart aber fair“ (ARD). Als Host des „ARD Gesund“-YouTube-Kanals erklärt sie medizinische Themen. Fotoquelle: © SWR/Patricia Neligan

Die Diagnose Epilepsie kann das Leben schlagartig verändern. „Ich war schon ziemlich geschockt, dass ich Epilepsie habe. Da ist natürlich eine Welt für mich zusammengebrochen“, erinnert sich die Frau aus meiner Sendung. Zwei Jahre zuvor war sie während eines Spaziergangs mit ihrem Hund plötzlich zusammengebrochen. Passanten fanden sie bewusstlos und mit einer Platzwunde am Kopf. Als die Ärzte später Epilepsie diagnostizierten, war der Schock groß. „Warum muss ich das mit über 60 kriegen?“, fragte sie sich.

Epilepsie entsteht im Gehirn, wo Milliarden von Nervenzellen über Signale kommunizieren. Ein epileptischer Anfall ist wie ein Störfeuer, bei dem sich größere Zellverbände gleichzeitig entladen – wie ein Gewitter im Kopf. Diese Anfälle können unterschiedlich ausfallen: von kurzen Zuckungen oder unwillkürlichem Wegwerfen von Gegenständen bis hin zu kompletten Bewusstseinsverlusten mit heftigen Krämpfen, wie sie unsere Interviewpartnerin erlebte. Die Unsicherheit, wann ein solcher Anfall wieder auftreten könnte, belastete sie stark: „Das Schlimmste war, dass ich nicht wusste, wann kommt sowas wieder? Hab ich’s öfter oder seltener?“

Doch es gibt Hoffnung: Zwei von drei Erkrankten können mit anfallsunterdrückenden Medikamenten ein weitgehend normales Leben führen. „Ich habe gelernt, dass es kein Todesurteil ist. Wenn man gut eingestellt ist mit Medikamenten, kann man sehr gut leben“, berichtet die Frau, die seit einem Jahr keine Anfälle mehr erlebt hat und nun wieder Auto fahren darf.

Für Menschen, bei denen die bisherigen Medikamente nicht ausreichen, bietet die moderne Medizin weitere Therapiemöglichkeiten. Professor Holger Lerche vom Uniklinikum Tübingen erklärt, dass selbst nach Jahrzehnten schwerer Anfälle noch Chancen auf Anfallsfreiheit bestehen – sei es durch neue Medikamente oder sogar chirurgische Eingriffe. Bei einem solchen Eingriff wird das epilepsie-auslösende Gewebe in einem mehrstündigen Verfahren gezielt entfernt. Eine andere Betroffene aus meiner Sendung, die sich nach langer Überlegung für eine Operation entschied, ist seitdem anfallsfrei und fühlt sich endlich wieder sicher im Alltag. „Es ist kein Spaziergang, aber am Ende hat doch die Hoffnung überwogen und die Möglichkeit, anfallsfrei zu werden“, sagt sie.

Die Behandlungsmöglichkeiten entwickeln sich ständig weiter, und die Forschung konzentriert sich darauf, noch gezielter eingreifen zu können. Das Ziel bleibt immer dasselbe: den Patienten ein Leben ohne Anfälle und mit mehr Lebensqualität zu ermöglichen.

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