Dr. Katrin Lossagk gibt in der Arzt-Kolumne Informationen und Ratschläge zum Thema Reizdarm-Syndrom (RDS).
„Seit Monaten leide ich erheblich unter Darmbeschwerden und einem Blähbauch“, erklärte mir vor einigen Wochen eine 27-jährige Patientin in meiner Sprechstunde. Ich riet ihr dringend zur fachärztlichen Abklärung – insbesondere auch, um chronisch entzündliche Erkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder einen Tumor im Darm sowie Lactose- und Glutenunverträglichkeiten auszuschließen. Wie ich später von der Patientin erfuhr, litt sie unter einem Reizdarm-Syndrom (RDS). Gerät der Darm aus dem Takt, so bekommen die Betroffenen das oft äußerst unangenehm zu spüren: Bauchschmerzen, Durchfall, Müdigkeit, Übelkeit und Blähungen – das sind nur einige der typischen Symptome des Reizdarmsyndroms.
Die Erkrankung tritt meist im Alter von 20 bis 30 Jahren zum ersten Mal auf. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Schätzungen zufolge leiden etwa zehn bis 20 Prozent der Menschen an dieser Krankheit. Das RDS ist eine dauerhafte Störung der Darmfunktion beziehungsweise des Zusammenspiels von Darmnervensystem und vegetativem Nervensystem. Fachleute sprechen deshalb auch von einer Störung der Darm-Hirn-Achse. Das Problem ist die Diagnose, denn, obwohl die normale Funktion gestört ist, können mit einem Endoskop, also einem biegsamen Beobachtungsschlauch, bildgebenden Verfahren, Biopsien oder Blutuntersuchungen keine strukturellen Auffälligkeiten nachgewiesen werden. Die Erkrankung lässt sich also weder messen noch im Einzelfall belegen.
Sie wird somit durch die Merkmale der Symptome und normale Ergebnisse bei eventuell durchgeführten Blutuntersuchungen festgestellt. Ähnlich wie bei einer Lipödem-Erkrankung, die weder durch bildgebende Verfahren noch durch Labortests diagnostiziert werden kann, ist es für den Patienten oder die Patientin auch hier wichtig, einen Experten auf diesem medizinischen Gebiet aufzusuchen. In diesem Fall also einen Facharzt der Gastroenterologie, der sich auf die Behandlung des RDS spezialisiert hat. Dadurch kann die Ursache der Beschwerden schneller erkannt und behandelt werden. Zeitintensive Irrwege bleiben den Patienten erspart.
Die Erkrankung lässt sich zwar nicht heilen, aber symptomatisch behandeln. Dazu gehört eine ausreichende Wasserzufuhr von mindestens zwei Litern täglich und eine basische und kohlenhydratarme Ernährung mit vielen kleinen Mahlzeiten. Möglichst zu vermeiden sind blähende Nahrungsmittel sowie Zuckeraustauschstoffe wie etwa Sorbit. Außerdem sollte Stress abgebaut und auf genügend Bewegung geachtet werden. Auch Selbsthilfegruppen können eine gute Unterstützung sein, da sich hier die Betroffenen ernst genommen fühlen und sich austauschen können.