„Mein Kopfschmerz ist über die vergangenen Jahre immer schlimmer geworden. Mittlerweile habe ich den ganzen Tag einen Kopfdruck“, beschrieb eine 39-jährige Patientin, die kürzlich zu mir in die Sprechstunde kam, ihren Zustand. „Früher hatte ich ganz klare Migräneattacken. Jetzt wird der Kopfschmerz mal mehr und mal weniger, aber so richtig weg geht er gar nicht mehr. Mittlerweile nehme ich jeden Tag Ibuprofen ein, um die Schmerzen überhaupt ertragen zu können.“ „Seit wann machen Sie das denn?“, fragte ich sie. „Bestimmt schon zwei oder drei Jahre.“ Das, was die Patientin beschrieb, ist ein Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch.
Folgendes interessante Phänomen ist damit gemeint: Nimmt man zu viele Schmerzmedikamente ein, weil man zum Beispiel unter einer Migräne leidet, dann lösen die Schmerzmedikamente selbst Kopfschmerzen aus. Es entsteht also ein zusätzlicher Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch. Entstehen kann ein solcher Medikamentenübergebrauchskopfschmerz aber nur dann, wenn vorher schon ein Kopfschmerz, zum Beispiel eine Migräne oder ein Spannungskopfschmerz, vorlag. Bei einer normalen Migräne-Attacke kommt es zu einer kurzen Entzündung im Gehirn, dann flaut das Ganze wieder ab. Nehme ich zu viel Akutmedikation ein, kommt es zu einer Dauerentzündung, einer Art Sonnenbrand im Gehirn.
Deswegen hat sich die sogenannte 10/20-Regel etabliert, die besagt, dass man nicht an mehr als zehn Tagen im Monat Schmerzmittel einnehmen sollte und folglich an 20 Tagen gar keine, damit kein Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch entsteht. Dabei ist es egal, wofür man die Schmerzmittel einnimmt. Zu den zehn Einnahmetagen zählen also auch die Schmerzmittel, die man zum Beispiel gegen Rückenschmerzen oder Knieschmerzen nimmt.
Therapiert wird diese Form des Kopfschmerzes dadurch, dass die Einnahme von Schmerzmitteln reduziert wird. Meist funktioniert das nicht durch einfaches Absetzen der Medikamente, sondern man beginnt mit einer medikamentösen Kopfschmerzprophylaxe, nimmt also vorsorglich zum Beispiel einen Betablocker oder CGRP-Antikörper. Diese Prophylaktika wirken auch dann, wenn ein Medikamentenübergebrauch noch vorliegt. Sie reduzieren dann die Kopfschmerzhäufigkeit und dadurch die Zahl der Einnahmetage. Genauso behandelte ich dann auch meine Patientin. „Wir fangen jetzt bei Ihnen mit einer Migräneprophylaxe an. Dann wird es Ihnen sehr schnell besser gehen“, erklärte ich ihr