29.01.2019 Arzt-Kolumne

Wenn das Becken in Schiefstand gerät

Dr. Martin Rinio ist ärztlicher Direktor der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Ein Behandlungsschwerpunkt des Facharztes für Orthopädie, Chirurgie und Unfallchirurgie sind Hüftgelenk und Endoprothesen (künstlicher Gelenkersatz).
Dr. Martin Rinio ist ärztlicher Direktor der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Ein Behandlungsschwerpunkt des Facharztes für Orthopädie, Chirurgie und Unfallchirurgie sind Hüftgelenk und Endoprothesen (künstlicher Gelenkersatz). Fotoquelle: Thomas Hansmann

Seit Wochen litt Sabine S. unter Kopf- und Rückenschmerzen. Auf Anraten ihres Hausarztes kam sie zu mir in die Sprechstunde – und reagierte mit Erstaunen auf die Diagnose. Ursache ihrer Beschwerden war nicht, wie von ihr vermutet, ein Bandscheibenvorfall oder Verspannungen, sondern ein Beckenschiefstand.

Experten gehen davon aus, dass hierzulande über 50 Millionen Menschen betroffen sind. Nicht selten leiden sie unter Symptomen, die kaum jemand mit einem Beckenschiefstand in Zusammenhang bringt. Das können allgemeine Rücken-, Kopf- und Nackenschmerzen sein, aber auch Beschwerden im Bereich der Schultern und der Kniegelenke. Viele Menschen spüren hingegen auch gar nichts.

Beine nicht gleich lang

Häufigste Ursache für einen Beckenschiefstand ist eine Beinlängendifferenz. Diese liegt bei rund zwei Dritteln aller Menschen bei einem Zentimeter und mehr. Der Experte unterscheidet zwei Formen: Bei der "Anatomischen Beinlängendifferenz" sind Wachstumsstörungen die Ursache. Beträgt die Differenz höchstens einen Zentimeter, so sind individuell angefertigte Schuh- einlagen hilfreich. Bei Unter-schieden von bis zu drei Zentime-tern haben sich Schuhsohlenerhöhungen bewährt.

Diese Maßnahmen inklusive physiotherapeutischer Behandlungen halfen auch der Patientin. Eine korrigierende Operation wie etwa eine Beinverlängerung blieb ihr somit erspart.

Bei einer "Funktionellen Beinlängendifferenz" spielen oft Fehlhaltungen oder Arthrosen eine Rolle. Krankengymnastik und Manualtherapie sind hierbei primäre Therapiemaßnahmen. Sinnvoll ist auch die Beseitigung der Blockaden, die zu Verrenkungen führen – etwa durch Osteopathie oder Chirotherapie.

Dehnübungen helfen

Nicht nur Orthopäden und Physiotherapeuten sind bei einem Beckenschiefstand gefordert. Auch die Patienten selbst können einiges bewirken – beispielsweise durch folgende Übung zur Dehnung des Hüftbeugers: im Einbeinstand das Bein im Knie anwinkeln und – auf derselben Seite – den Fuß in die Hand nehmen. Das Becken wiederholt nach vorne schieben, bis der Dehnungsreiz spürbar wird. Die Übung mehrmals wiederholen.

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