03.08.2022 Arzt-Kolumne

So erkennen Sie eine gefährliche Blutvergiftung

Von Ruth Hecker
Dr. Ruth Hecker ist Fachärztin für Anästhesie und Chief Patient Safety Officer der Universitätsmedizin Essen.
Dr. Ruth Hecker ist Fachärztin für Anästhesie und Chief Patient Safety Officer der Universitätsmedizin Essen. Fotoquelle: Universitätsmedizin Essen

"Ich habe gar keinen roten Strich, wie kann es dann eine Blutvergiftung sein?" Diese Frage stellte mir vor ein paar Wochen ein 65-Jähriger mit einer Lungenentzündung. Viele denken, dass ein zum Herzen aufsteigender roter Strich auf dem Arm oder Bein das entscheidende Anzeichen für eine Sepsis, also eine Blutvergiftung ist.

Doch bei extremem Krankheitsgefühl, feuchtkalter Haut und Schüttelfrost oder extremen Schmerzen ist eine sofortige ärztliche Abklärung nötig. Kommen Verwirrtheit, Apathie oder Wesensveränderung oder Kurzatmigkeit sowie ein beschleunigter Herzschlag dazu, sollte sofort die 112 angerufen werden mit der Frage: "Könnte es eine Sepsis sein?". Denn rechtzeitig erkannt, lässt sich die Sepsis gut behandeln.

Ursache für eine Sepsis ist eine lokale Entzündung, wie beispielsweise eine Lungenentzündung oder eine infizierte Wunde. Auch Viruserkrankungen können Auslöser sein. Der Körper versucht, diese zu bekämpfen und fährt das Immunsystem hoch. Die Abwehrreaktion kann so stark sein, dass sie sich sogar gegen eigenes Gewebe und eigene Organe richten kann. Dann spricht man von einer Sepsis. Menschen über 60 und Kinder unter einem Jahr sind anfälliger dafür. Auch Personen mit chronischen Erkrankungen, geschwächtem Immunsystem oder ohne Milz zählen zu den Risikogruppen.

Alle sieben Minuten stirbt hierzulande ein Mensch an einer Sepsis. Wäre die Sepsis rechtzeitig erkannt worden, könnten sehr viele noch leben. Mit etwa 75.000 Todesfällen pro Jahr ist die Sepsis die dritthäufigste Todesursache in Deutschland, nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Weltweit sterben jährlich etwa elf Millionen an einer Sepsis. 15.000 bis 20.000 der Fälle wären vermeidbar, wenn die Sepsis frühzeitig erkannt und behandelt worden wäre. Selbst wenn sie geheilt wird, leiden Betroffene jahrelang unter weitreichenden Folgen, wie Nervenschäden oder Amputationen.

Was können Sie tun? Schützen Sie sich durch Impfungen, desinfizieren Sie Wunden, wenden Sie Hygieneregeln an und waschen Sie gründlich die Hände. Bitte lassen Sie ihre chronischen Krankheiten sachgerecht behandeln. Nehmen Sie jede Infektion ernst und behandeln Sie sie konsequent. Weitere Informationen zum Thema Blutvergiftung erhalten Sie auch im Internet unter www.deutschland-erkennt-sepsis.de.

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