19.10.2022 Arzt-Kolumne

Mit Vorsorge gegen Darmkrebs

von Devid Tusek
Dr. Devid Tusek ist niedergelassener Facharzt der Chirurgie- und Enddarmpraxis Düsseldorf, die er mit Priv. Doz. Dr. Ralph Schneider führt.
Dr. Devid Tusek ist niedergelassener Facharzt der Chirurgie- und Enddarmpraxis Düsseldorf, die er mit Priv. Doz. Dr. Ralph Schneider führt. Fotoquelle: Dr. Tusek

"Ich habe mich sehr lang geschämt, diese Untersuchung machen zu lassen. Wenn ich vorher gewusst hätte, dass es überhaupt nicht schlimm ist, wäre ich viel früher zu Ihnen gekommen", berichtete mir ein 60-jähriger Patient bei der Nachbesprechung seiner Darmspiegelung vor ein paar Tagen. Das höre ich immer wieder von meinen Patienten. Angst und Scham vor der Darmspiegelung sind weit verbreitet. "Was für uns Proktologen die tägliche Arbeit ist, wird von den betroffenen Patienten teilweise als peinlich empfunden. Wir wissen das und achten sehr auf die Privatsphäre des Patienten. Deshalb fragen sich nach der Untersuchung nahezu alle unsere Patienten: Wieso habe ich das nicht schon viel früher gemacht?", erwiderte ich meinem Patienten.

Eine der wenigen Vorsorgeuntersuchungen, die Krebs verhindern – und nicht nur frühzeitig erkennen können – ist die Darmspiegelung. Es gibt keine bessere Methode, um die Vorstufen von Darmkrebs rechtzeitig zu erkennen. Denn während der Untersuchung werden vorhandene Polypen auch gleichzeitig entfernt, und damit können Darmspiegelungen das Entstehen von Krebs effektiv verhindern. Darmkrebs entsteht fast immer aus Wucherungen der Darmwand, die in den Darm hineinragen, den Darmpolypen. Die meisten Polypen bleiben klein und harmlos. Manche wachsen aber über Jahre, und einige werden bösartig. Fast jeder bösartige Tumor entsteht aus einem gutartigen Tumor. "Ein Polyp kann mehrere Jahre im Körper sein, bevor er bösartig wird. Das Gute: Darmpolypen können bei einer Darmspiegelung entfernt werden, bevor sie sich möglicherweise zu einem tödlichen Darmkrebs entwickeln", erklärte ich meinem 60-jährigen Patienten, bei dem wir einige Darmpolypen bei der Darmspiegelung entfernt hatten. Das entfernte Gewebe wurde direkt anschließend im Labor auf Krebszellen untersucht. Der Patient erhielt seinen Untersuchungsbericht sofort und das Ergebnis der Gewebeuntersuchung zwei Tage nach der Darmspiegelung. Bei ihm war alles in Ordnung.

Die meisten Polypen sind gutartig. Wenn nur ein einzelner kleiner und unauffälliger Polyp entdeckt wird, reicht es, mit der nächsten Darmspiegelung fünf Jahre zu warten. Wenn ein auffälliger oder größerer Polyp dabei war oder mehr als drei Polypen entfernt wurden, ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass in den nächsten Jahren weitere Polypen wachsen. Deshalb wird dann die nächste Koloskopie bereits nach drei bis fünf Jahren empfohlen. Die Kosten für die Untersuchung übernimmt die gesetzliche Krankenkasse.

Die meisten Polypen entstehen in einem Lebensalter um die 50 Jahre. Männer haben aus diesem Grund ab einem Alter von 50 Jahren gesetzlichen Anspruch auf eine Koloskopie. Bei Frauen liegt die Altersgrenze für die Koloskopie bei 55 Jahren, da sie ein etwas späteres Risiko als Männer haben, an Darmkrebs zu erkranken. Eine erneute Vorsorgeuntersuchung kann nach Ablauf von zehn Kalenderjahren durchgeführt werden. Wenn bei der Gewebeuntersuchung Darmkrebs entdeckt wird, hängt die Behandlung vom Stadium des Tumors ab. Im Frühstadium reicht es aus, den Krebs operativ zu entfernen. Die Heilungschancen sind dann sehr gut. In fortgeschrittenen Stadien sind oft zusätzliche Behandlungen wie Chemotherapie und Bestrahlung nötig. Bis zu 70 Prozent der entdeckten Tumore sind heilbar.