06.05.2022 Arzt-Kolumne

Demenz: Pflegende Angehörige entlasten

Von Carsten Lekutat
Dr. Carsten Lekutat ist niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportarzt in Berlin, Buchautor sowie Moderator der MDR-Fernsehsendung "Hauptsache Gesund".
Dr. Carsten Lekutat ist niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportarzt in Berlin, Buchautor sowie Moderator der MDR-Fernsehsendung "Hauptsache Gesund". Fotoquelle: MDR

"Als pflegende Angehörige bin ich seit zwei Jahren nahezu rund um die Uhr für meine an Demenz erkrankte Schwiegermutter da. Inzwischen fühle ich mich ausgebrannt. Ich brauche dringend mal wieder Zeit für mich. Aber wie?", fragte mich eine 52-jährige Patientin, die mich wegen Schlaflosigkeit und innerer Unruhe in meiner Sprechstunde aufsuchte. "Schlaflosigkeit und innere Unruhe können eine Folge von Überforderung sein. Sie ist übrigens ein häufiges Phänomen bei pflegenden Angehörigen. Daher ist es jetzt wichtig für Sie, sich nach Möglichkeiten der Entlastung umzusehen", erklärte ich meiner Patientin.

Häufig stellen pflegende Angehörige ihre Emotionen und eigenen Bedürfnisse ganz in den Hintergrund. Viele verzichten wegen der intensiven Pflege irgendwann ganz auf Freundschaften und Hobbys. Gleichzeitig ist der Pflege- und Betreuungsalltag durch eine hohe seelische und körperliche Beanspruchung geprägt. Doch eine Entlastung scheint den Betroffenen kaum möglich. Die Folgen sind psychische und physische Überforderung.

Aus diesem Grund ist es wichtig sich bewusst zu machen, dass niemand diese schweren Aufgaben auf Dauer allein erfüllen kann und muss. Auch im Interesse der Erkrankten ist es notwendig, mit den eigenen Kräften zuhaushalten. Das Motto: "Take care of the caregivers" – auf deutsch: "Kümmere dich um die Betreuer" hat deshalb seine absolute Berechtigung. Wenn Angehörige keine emotionale Entlastung und soziale Unterstützung erhalten, werden sie selbst krank. Ungefähr die Hälfte der Pflegenden erkrankt während der Pflege psychisch oder physisch. Als pflegender Angehöriger muss man sich deshalb Inseln schaffen, um Kraft zu tanken. Das kann ein fester Tag im Monat sein, an dem man Zeit nur für sich hat, oder auch mal ein Kurzurlaub.

Ich gab meiner Patientin daher Informationen über die Möglichkeiten der professionellen Hilfe für pflegende Angehörige. Die wichtigsten Anlaufstellen sind die Pflegestützpunkte der Kranken- und Pflegkassen, Selbsthilfegruppen, ambulante Pflegedienste, ehrenamtliche Helfer, Tagespflegeeinrichtungen und Kurzzeitpflege. "Scheuen Sie sich nicht, diese Angebote in Anspruch zu nehmen. Denn nur, wenn Sie selbst fit sind, können Sie auch um ihre kranke Schwiegermutter kümmern", gab ich meiner Patienten mit auf den Weg.

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