06.11.2023 Arzt-Kolumne

Diabetesrisiko zurück auf null – ohne Medikamente

Von Dr. Johannes Scholl
Dr. Johannes Scholl ist Facharzt für Innere Medizin, Ernährungsmedizin und Sportmedizin in Rüdesheim. Er ist außerdem Mitbegründer und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Akademie für Präventivmedizin und Buchautor.
Dr. Johannes Scholl ist Facharzt für Innere Medizin, Ernährungsmedizin und Sportmedizin in Rüdesheim. Er ist außerdem Mitbegründer und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Akademie für Präventivmedizin und Buchautor. Fotoquelle: G.Bittner/Thieme

Diabetes kann die Lebensqualität von Betroffenen stark einschränken. Dr. Johannes Scholl erklärt deshalb, wie Sie das Risiko der Stoffwechsel-Erkrankung in kurzer Zeit reduzieren können.

„Ich fühle mich grundsätzlich gesund. Natürlich sollte ich weniger wiegen. Aber ich bin trotzdem fit und habe keine gesundheitlichen Beschwerden“, erklärte mir eine 50-jährige übergewichtige Bürokauffrau, die sich bei mir im Rahmen eines Check-ups zum Erstgespräch vorstellte.

Nach einer ausführlichen medizinischen Diagnostik mit Blutabnahme und Ultraschall-Untersuchung sah ich die Patientin kurze Zeit später wieder, um mit ihr über die Untersuchungsergebnisse zu sprechen. „Eine Leberverfettung war im Ultraschall deutlich erkennbar. Man spricht in Ihrem Fall von einer metabolisch-assoziierten Leberverfettung, die mit einem gestörten Zuckerstoffwechsel einhergeht. Die Blutwerte deuten darauf hin, dass Sie einen Prädiabetes haben. Das ist eine Vorstufe von Diabetes Typ 2“, teilte ich der Patientin mit. Diese fiel aus allen Wolken. „Wie kann das sein? Was hat meine Fettleber mit einem erhöhten Diabetesrisiko zu tun?“, fragte mich die 50-Jährige.

Eine Fettleber ist ein ernst zu nehmendes Warnsignal. In einem Teufelskreis verstärkt die Verfettung der Leber die Störung des Zuckerstoffwechsels. Das wiederum führt zu einer noch stärker ausgeprägten Fettspeicherung in der Leber und einer noch schlechteren Insulinwirksamkeit. Ein zu großer Bauchumfang, leicht erhöhte Blutzuckerwerte, ein zu hoher Insulinspiegel am Morgen und eine Verfettung der Leber sind die typischen Vorboten.

„Leberverfettung tut nicht weh. Deshalb spüren die Betroffenen auch nichts davon. Mit der Leberverfettung geht in diesem Fall eine fünffach erhöhte Insulinproduktion einher. Das führt auf Dauer zu einer Erschöpfung der Bauchspeicheldrüse und schließlich zu Diabetes Typ 2. Ich kann Sie aber beruhigen. Sie können selbst innerhalb weniger Wochen Ihre Leberverfettung reduzieren. Dann sind auch Blutzucker und Insulinwerte wieder im Normbereich“, erklärte ich der Bürokauffrau.

Das Gute: Eine Leberverfettung kann bei entsprechender Ernährung schon innerhalb einer Woche um 30 Prozent reduziert werden. Nach vier Wochen kann sich die Leber sogar vollständig erholen. Dazu ist allerdings eine kohlenhydratarme Ernährung notwendig. Weißbrot, Reis, Nudeln haben viele Kohlenhydrate. Der Körper schüttet beim Verzehr von kohlenhydratreichen Lebensmitteln viel Insulin aus, und das fördert die Fettproduktion. Denn er wandelt die Kohlenhydrate zwangsweise in Fett um, wenn die begrenzten Zuckerspeicher voll sind. Ich veranschaulichte das meiner Patientin mit einem Beispiel: „Wenn Sie im Biergarten eine Laugenbrezel und eine Maß alkoholfreies Weizenbier verzehren, haben Sie umgerechnet 30 Teelöffel Zucker zu sich genommen.“

Ich vereinbarte mit der Patientin, einen Mahlzeitenplan für die nächsten Wochen aufzustellen, der ihr dabei helfen sollte, ihre Leberverfettung vollständig zurückzubilden. Was viele Typ-2-Diabetiker nicht wissen: Mit einer Umstellung des Speiseplans sowie Ausdauer- und Krafttraining könnten sogar 70 Prozent der Betroffenen nach einem Jahr ganz ohne Medikamente leben.

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