23.08.2022 Arzt-Kolumne

Gegen Grübeln hilft Meditation

Von Carsten Lekutat
Dr. Carsten Lekutat ist niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportarzt in Berlin, Buchautor sowie Moderator der MDR-Fernsehsendung "Hauptsache Gesund".
Dr. Carsten Lekutat ist niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportarzt in Berlin, Buchautor sowie Moderator der MDR-Fernsehsendung "Hauptsache Gesund". Fotoquelle: MDR

"Meine Gedanken drehen sich nur noch im Kreis. Ständige Geldsorgen begleiten meinen Alltag. Mein Sohn hat Wünsche, die ich ihm nicht mehr erfüllen kann. Das stresst mich sehr", beschrieb mir ein 28-jähriger Vater einer dreiköpfigen Familie seine persönliche Situation. "Können Sie mir nicht etwas dagegen verschreiben?"

Medikamente bekämpfen aber nur die Symptome, nicht die Ursachen. "Es gibt wirksame nicht-medikamentöse Alternativen, um Ihre Gedanken zu bändigen. Auch wenn Sie noch nie etwas mit Meditation zu tun hatten, rate ich Ihnen, diese buddhistische Technik auszuprobieren", antwortete ich ihm. "Meditation? Das ist doch esoterischer Zauber, oder etwa nicht?", fragte mich der 28-Jährige überrascht.

Viele Patienten schrecken zurück, wenn ich von Meditation spreche. Dabei müssen wir keine Spiritualität bemühen, um ihre heilsamen Kräfte zu nutzen. "Meditationsübungen können das Gehirn strukturell umbauen wie ein regelmäßiges Muskeltraining den Körper. Sie werden die positiven Auswirkungen aber viel schneller spüren", erklärte ich dem Patienten. Das Gehirn kann bis ins hohe Alter seine Struktur und Funktion ändern. Das macht sich die Meditation zunutze. Denn anders als bei zielgerichteten Tätigkeiten benutzt das Gehirn für die Ruheaktivität ein verzweigtes Netzwerk von Strukturen, die über verschiedene Hirnareale verteilt sind.

Wie ein Orchester synchronisieren sich Hirnareale untereinander und bilden so das sogenannte Default Mode Network (DMN), das "Netzwerk des Grundzustands". In diesem Grundzustand grübeln wir, denken über Dinge nach, uns holen die Geister der Vergangenheit ein, oder wir fürchten uns vor der Zukunft. Eine Strategie, aus dem DMN zu entkommen, sind Ablenkungen. Wann immer wir ins Grübeln kommen, können wir das Gehirn mit Aufgaben überschütten – oder meditieren.

"Mit Meditationsübungen können Sie Ihr Gehirn funktionell umwandeln und strukturell anpassen – und zwar in eine positive Richtung. Nutzen Sie sie als Werkzeug und ändern Sie Ihre neuronalen Bahnen. Die umgebauten Gehirnstrukturen sind beständig, sie existieren auch noch, wenn Sie nicht meditieren. Die volle Katastrophe unseres Lebens kann so nicht mehr von uns Besitz ergreifen und uns ins Unglücklichsein ziehen", sagte ich. Der Anfang ist unkompliziert: Geführte Anleitungen zum Meditieren gibt es als App oder als einfache Übungen für Anfänger im Internet. Einige Krankenkassen bieten auch Online-Kurse für Meditation an.

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