12.04.2016 prisma-Serie (8)

Genuss gehört dazu

Spanien ist sein bevorzugtes Revier: Peter Maffay gehört zu den Harley-Davidson-Alten.
Spanien ist sein bevorzugtes Revier: Peter Maffay gehört zu den Harley-Davidson-Alten. Fotoquelle: Sony Music

Sind die Ruheständler von heute wirklich so abenteuerlustig, wie oft behauptet wird? Kommt ganz auf das Abenteuer an.

Wenn es um das Reisen in, sagen wir, fortgeschrittenem Alter geht, fällt in der Sprache der Medien bald das Wort von "Je oller, desto doller!". Soll wohl heißen: Jetzt lassen es die Senioren mal so richtig krachen ...

Tatsächlich, ein bisschen was ist dran. Ein großer Teil der Rentner verreist gern und holt Abenteuer nach, die man sich in beruflich stressiger Zeit verkniffen hat – sei es eine Motorradtour auf der Route 66, sei es eine Wanderung in den Anden. "Das ist die gesündeste und reichste Rentnergeneration, die es je gab", erklärte der amerikanische Touristik-Unternehmer Richard J. Weiss jüngst auf einer Reisemesse in Irland.

Wohl wahr: Viele Ruheständler sind erfahrene Wanderer, Mountainbiker oder Kajakfahrer. Jetzt können sie ihren Neigungen nach Herzenslust frönen. Rock-Oldie Peter Maffay, der mit 66 mehr denn je wie ein Indianer-Häuptling aussieht, gehört zu jener Kaste der Harley-Davidson-Alten, die am Wochenende scharenweise ausströmen.

Maffays Revier, das er mit seinen beiden Harley-Davidson-Maschinen durchstreift, liegt in Spanien. "So stelle ich mir Motorradfahren vor: Landschaft, Weite, Freiheit", gab er dem Magazin "Freiheit auf zwei Rädern" zu Protokoll.

Das Abenteuer im Alter. In mehreren psychologischen Ratgebern wird es als "eines der besten Anti-Aging-Mittel" gepriesen, vorausgesetzt, man kenne seine Grenzen. Von nachgerade jugendlichem Ungestüm zeugte die Verlobung von Medienzar Rupert Murdoch (85) mit Alt-Model Jerry Hall (59) im Januar; im März wurde geheiratet. Die Ehe ist und bleibt das größte Abenteuer. Und wer wollte bezweifeln, dass Liebe jung hält ...

Eine 90 Jahre alte Amerikanerin, die als "Miss Norma" weltbekannt wurde, kletterte im vergangenen Jahr mit Sohn und Schwiegertochter ins Wohnmobil. Seither ist man zu dritt auf einer Reise, die wohl erst mit Normas Ableben enden wird. Sie weiß, dass sie Gebärmutterkrebs hat. Aber vorher will sie noch was sehen von der Welt.

Ruhestand bedeutet, dass ich mehr verreise

Nun ist Abenteuer nicht gleich Abenteuer. Wer steinalt werden will, muss in Bewegung bleiben, das ist klar. Andererseits muss er seine altersbedingten Begrenzungen erkennen. Das gilt nicht nur für die Trias von Sonnenbrand, Durchfall und verknackstem Knöchel. Sportverletzungen wiegen im Alter schwerer. Gleitflug, Skaten und Bergsteigen sind besonders riskant, weil etwaige Verletzungen oft heftiger Natur sind und das Band zur vita activa ein für alle Mal abreißen lassen.

"Ruhestand bedeutet, dass ich mehr verreise" – auf diesen Satz, den der Lebensversicherer AXA rund 1500 Ruheständlern in Deutschland vorlegte, antworteten 36 Prozent in Rheinland-Pfalz mit Zuspruch (Tiefstwert), derweil in Nordrhein-Westfalen (Spitzenwert) 50 Prozent zustimmten. Ein erklecklicher Teil davon sucht tatsächlich die Herausforderung des Abenteuers, auch wenn das Wort mit Vorsicht zu genießen ist. Zwei Wochen ohne Dusche durch die Wildnis? Nein, das ist nicht gemeint.

Die Reisebranche weiß: Rentner buchen den Komfort gern mit. Morgens ein, zwei Stunden paddeln, super! Das Mittagessen aber bitte in einem guten Restaurant. Denn für die Alten von heute gilt: je oller, desto genussfreudiger.

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