05.07.2016 Heilkräuter-Serie

Was die Melisse kann

Klein, aber oho: Die Wirkkraft der Melisse ist enorm vielseitig.
Klein, aber oho: Die Wirkkraft der Melisse ist enorm vielseitig. Fotoquelle: Scisetti Alfio / Shutterstock.com

Folge 6: ein Fall für Bienen und nervöse Mägen.

Schon im Mittelalter ging es multikulturell zu. Grenzen? Gab es nicht. Jedenfalls nicht für die Melisse. Sie ist von Haus aus eine südeuropäische Pflanze. Doch wusste jeder Bauer und jeder Mönch im kalten Deutschland, was er an der Melisse fand, weswegen sie allenthalben angebaut wurde.

Die Äbtissin Hildegard von Bingen schrieb der melissa officinalis im 12. Jahrhundert die Kraft von 15 Kräutern zu. Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, rheumatische Erkrankungen und Magenbeschwerden, alles wollte Hildegard mit Melisse kurieren.

Paracelsus wiederum befand im 16. Jahrhundert: "Melisse ist von allen Dingen, die die Erde hervorbringt, das beste Kräutlein für das Herz."

Bewährt auch gegen Herpes

Die hohe Meinung der frühen medizinischen Autoritäten hat sich im Lichte moderner Wissenschaft nicht in jeder Hinsicht behaupten können, aber das ändert wenig am inoffiziellen Status der Melisse als Königin der Heilpflanzen.

Der Gattungsname Melisse leitet sich vom griechischen Wort meliteion (Zitronenmelisse) ab, in dem wiederum das Wort meli für Honig steckt.

Schon immer wurde die nektarreiche Pflanze bevorzugt in der Nähe von Bienenstöcken gepflanzt. Bienen sind vernarrt in den zitronigen Duft. Heute werden Melissenfelder kommerziell als Bienenweide gepflanzt. Bis zu drei Mal kann die Melisse vor der Blüte geerntet werden, in einigen Gegenden Spaniens sogar vier Mal. Die Blätter werden als Gewürz oder als Zusatz in alkoholischen Getränken und Arzneien verwendet. Die Tradition alkoholhaltiger Zubereitung geht auf Karmeliterklöster zurück.

Das Kraut der Melisse hat sich seit Hildegards Zeiten als bewährtes Mittel bei nervösen Magenbeschwerden (Krämpfen und Blähungen) erhalten. Der Geschmack regt außerdem die Bildung von Speichel und Gallenflüssigkeit an.

Ende der 70er Jahre wurde die Wirkung wässriger Melissenextrakte gegen HerpessimplexViren nachgewiesen – heute ein anerkanntes Mittel.

Damit nicht genug: Melisse fördert die Entspannung, die Konzentrationsfähigkeit, das Gedächtnis. Sie löst krampfartige Menstruationsbeschwerden und soll auch in den Wechseljahren lindernd wirken.

Melissenöl wirkt antibakteriell und wird bei Wundverbänden eingesetzt. Ob die Melisse auch, wie behauptet, Ohrensausen verstummen lässt, sollten Betroffene selbst ausprobieren.

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