07.06.2022 Arzt-Kolumne

Inkontinenz: Was tun, wenn's immer läuft?

Von Anka Baldauf-Twelker
Dr. Anka BaldaufTwelker ist Chefärztin der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Helios Klinikum Pirna.
Dr. Anka BaldaufTwelker ist Chefärztin der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Helios Klinikum Pirna. Fotoquelle: Franziska Pilz

Vor ein paar Wochen kam eine besorgte Patientin mit folgender Frage zu mir: "Beim Husten und Niesen oder wenn ich mich körperlich anstrenge, kann ich meine Blase nicht kontrollieren. Das ist mir sehr unangenehm. In letzter Zeit ist es sogar noch schlimmer geworden. Und manchmal habe ich unwillkürlich einen so starken Harndrang, dass ich die Toilette nicht mehr rechtzeitig erreichen kann. Was kann ich dagegen tun?"

Die übergewichtige 65-Jährige litt seit mehreren Monaten spürbar unter einer Harninkontinenz. Eine Harninkontinenz kann vielschichtige Ursachen haben. Deshalb sollte vor der Behandlung eine weitere Abklärung erfolgen. Zunächst wurden bei der Patientin eine Befragung und eine körperliche Untersuchung mit Ultraschall sowie ein Urintest durchgeführt. Bei Notwendigkeit kann zusätzlich eine erweiterte Diagnostik mit Blasen-Druck-Messung und Spiegelung der Harnblase erfolgen. Als sämtliche Befunde ausgewertet waren, gab es eine freudige Nachricht: Eine Operation war bei der 65-Jährigen noch nicht nötig. "Ich empfehle Ihnen zunächst ein intensives Beckenbodentraining mit einem Physiotherapeuten. Außerdem wäre es wichtig, ihr Gewicht deutlich zu reduzieren", riet ich. Denn neben zwei Geburten hatte das Übergewicht einen negativen Einfluss auf die Inkontinenz.

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, die unterschiedlichen Arten der Harninkontinenz zu therapieren. In enger Zusammenarbeit mit Frauenärzten können wir in den meisten Fällen die Beschwerden erheblich lindern oder sogar komplett beheben. Medizinisch unterscheidet man zwischen Belastungsinkontinenz, Dranginkontinenz und Mischinkontinenz.

  • Bei der Belastungsinkontinenz geht ungewollt Urin bei körperlicher Belastung ab. Je nach Ausmaß des Urinverlustes kann die Belastungsinkontinenz in drei Schweregrade unterteilt werden.
  • Wer unter einer Dranginkontinenz leidet, hat häufig einen starken Harndrang mit einem unmittelbar folgenden, nicht unterdrückbaren, Urinverlust.
  • Als Mischinkontinenz wird eine Harninkontinenz bezeichnet, bei der Merkmale der Belastungs- wie auch der Dranginkontinenz eine Rolle spielen.

Zur Vorbeugung einer Inkontinenz kann eine gesunde Lebensführung mit ausgewogener Ernährung und sportlicher Aktivität beitragen, denn mit steigendem Übergewicht kann sich eine Inkontinenz verschlechtern. Regelmäßiges, tägliches Trainieren des Beckenbodens – nach physiotherapeutischer Anleitung – kann bei ersten Anzeichen einer Inkontinenz eine deutliche Verbesserung der Beschwerden erzielen. Je nach Schweregrad kann auch ein operativer Eingriff nötig werden.

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