15.05.2023 Arzt-Kolumne

Oft genügt eine kleine Knieprothese

Von Dr. med. Steffen Heinemann
Dr. med. Steffen Heinemann ist Leitender Oberarzt Orthopädie an der Helios Klinik Bleicherode.
Dr. med. Steffen Heinemann ist Leitender Oberarzt Orthopädie an der Helios Klinik Bleicherode. Fotoquelle: Helios Klinik

„Dass ich mit 65 Jahren bereits eine Knieprothese brauche, ist wirklich bitter. Gibt es für mich keine Alternative, muss ich diese Kröte wirklich schlucken?“, fragte mich ein rüstiger Patient kürzlich in meiner Sprechstunde.

Der normalgewichtige Rentner, der in seiner Freizeit gerne wandert, ist noch sehr aktiv und beweglich. Allerdings hatte er einen erheblichen Knorpelschaden im rechten Kniegelenk – ein Verschleiß, der ihm ständige Schmerzen verursachte. Eine intensive orthopädische Behandlung und entsprechende Medikamente brachten dem 65-Jährigen lediglich eine vorübergehende Linderung. „Nach allen Voruntersuchungen ist ein Kniegelenkersatz für Sie unvermeidlich. Es gibt aber auch eine Alternative zur Vollprothese“, antwortete ich ihm.

Arthrose und Kniegelenkschäden kommen nicht nur bei hochbetagten Personen vor. Auch bei jüngeren Menschen greifen wir hin und wieder auf eine Knieprothese zurück. Eine Vollprothese lässt sich jedoch unter bestimmten Bedingungen vermeiden. Dann wird nur der geschädigte Teil des Gelenkes, meist die Innenseite, durch einen Teilgelenkersatz versorgt.

Voraussetzung ist, dass der Bandapparat des Knies intakt ist und sich eine normale Beinachse wiederherstellen lässt. Patienten mit Rheuma sind für einen Teilgelenkersatz meist nicht geeignet.

Ebenso darf kein unfallbedingter Knieschaden vorliegen. „In Ihrem Fall bietet sich eine Alternative zur Vollprothese an. Nach unserer eingehenden Diagnostik empfehle ich Ihnen einen Teilgelenkersatz, eine sogenannte Unischlittenprothese. Bei diesem Eingriff wird nur der verschlissene, innere Teil durch die Prothese ersetzt. Die gesunden Bereiche Ihres Kniegelenkes bleiben erhalten. Dadurch sind Sie nach der Operation auch schneller wieder in der Lage, Ihr Hobby wie bisher auszuüben. Freuen Sie sich auf das natürliche Kniegefühl nach dem Eingriff. Im Gegensatz zur Vollprothese werden Sie lediglich für ein bis drei Wochen auf eine Gehhilfe angewiesen sein“, erläuterte ich dem älteren Mann.

Eine kleine Einschränkung gibt es allerdings. Erst während der Operation entscheidet sich, ob die Unischlittenprothese tatsächlich geeignet ist. „Aber ich kann Sie beruhigen: In mehr als 90 Prozent der Fälle ist das so“, erklärte ich dem sichtlich erleichterten Patienten.

Bei einer Unischlittenprothese ist nur ein kleiner Hautschnitt notwendig. Die Kreuz- und Seitenbänder bleiben verschont. Dadurch haben die meisten Patienten nach dem Eingriff weniger Schmerzen, mehr Beweglichkeit und ein besseres Kniegefühl als nach einer Vollprothese.

An unserer Klinik setzen wir die Unischlittenprothese sehr häufig ein. Mit mehr als 1.500 Eingriffen sind wir besonders erfahren und erfolgreich damit. Das macht sich auch in der Statistik des Endoprothesen-Registers Deutschland deutlich bemerkbar. Das leidenschaftliche Wandern wird unser Patient jedenfalls bald wieder wie gewohnt ausüben können.

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