22.10.2019 Arzt-Kolumne

Lernen für die Gesundheit

Professor Dietrich Grönemeyer setzt sich in Vorträgen und Publikationen für die interdisziplinäre Verbindung von Schulmedizin und Naturheilkunde ein.
Professor Dietrich Grönemeyer setzt sich in Vorträgen und Publikationen für die interdisziplinäre Verbindung von Schulmedizin und Naturheilkunde ein. Fotoquelle: privat

Immer häufiger leiden Kinder und Jugendliche unter Beschwerden, die früher erst im höheren Alter auftraten. Sie haben "Rücken", sind nervös, sind bedroht von Herz-Kreislauf-Problemen. Selbst Diabetes tritt unterdessen gehäuft in jungen Jahren auf.Mangelnde Bewegung, schulischer Stress, die oftmals manische Fixierung auf PC und Smartphone, verbunden mit einer ungesunden Fastfood-Ernährung, machen den Kindern körperlich und seelisch zu schaffen.

Das ist nicht nur im Einzelfall tragisch. Es führt auch zu einer enormen Belastung des Gesundheitssystems und der Gesellschaft überhaupt. Man denke nur an die wachsenden Aggressionen unter Kindern und Jugendlichen als Folge des bewegungsverarmten Aufwachsens. Allein den Kindern ist das nicht vorzuwerfen. Sie entwickeln sich den Verhältnissen entsprechend. Mehr denn je sollten Eltern und Lehrer darauf achten, dass unsere Nachkommen keine „Couch-Potatos“ – Sofahocker – werden. Dazu bedarf es aber nicht bloß einer Verbesserung des Sportunterrichts.

Kontakt auf Augenhöhe

Was wir vor allem brauchen, ist die Erweiterung der Stundenpläne um ein Fach zur Gesundheitsbildung. Die Kenntnis des eigenen Körpers, das Wissen um die Funktion des Herzens, der Muskeln und der Sehnen, das Begreifen, wie Psyche und Organismus zusammenspielen, all das sollte zum Basiswissen eines jeden gehören. Die immer noch vorherrschende Einstellung, der Arzt oder eine Pille werde es „schon richten“, hat keine Zukunft. Um die denkbar besten Heilerfolge zu erzielen oder Erkrankungen vorzubeugen, sollten Ärztinnen und Ärzte ihren Patienten auf Augenhöhe begegnen, nicht als "Halbgötter in Weiß".

Gebraucht werden medizinische "Lotsen", Therapeuten, die ihr Wissen weitergeben, bevor es zur Erkrankung kommt. So wie sie der hippokratische Eid zur Heilung verpflichtet, sollte er sie verpflichten, ihre Patienten auf dem Weg zur Erhaltung der Gesundheit zu begleiten.

Ebenso entscheidend ist, dass sich die Patienten mehr als bisher mit dem eigenen Körper auskennen, ihn nicht als Buch mit Siegeln betrachten. Und dazu wiederum bedarf es eines Gesundheitsunterrichts als schulisches Pflichtfach.