Selbst für Mediziner ist es vielfach schwierig, die krankhafte Fettverteilungsstörung gerade im Anfangsstadium von einer bloßen Gewichtszunahme zu unterscheiden. Dr. Katrin Lossagk verrät, was die Symptome sind und welche Therapiemöglichkeiten es gibt.
„Habe ich ein Lipödem oder ist es nur Übergewicht?“ – mit dieser Frage kam kürzlich eine 32-jährige Patientin in meine Sprechstunde. Sie war kürzlich Mutter geworden. Ihr Problem: Seit Monaten nahm sie kontinuierlich an Armen und Beinen an Volumen zu. Nach gründlicher Untersuchung teilte ich ihr meine Diagnose mit: „Sie leiden in der Tat an einem Lipödem.“
Selbst für Mediziner ist es vielfach schwierig, diese krankhafte Fettverteilungsstörung gerade im Anfangsstadium von einer bloßen Gewichtszunahme zu unterscheiden. Dabei gibt es einige signifikante Merkmale und Symptome, die deutliche Anhaltspunkte für eine Erkrankung sein können – und deshalb weiterer fachärztlicher Klärung bedürfen. Dazu zählen primär die sogenannten „Säulenbeine“. Denn neben den Armen sind insbesondere die Beine sichtbar von einem Lipödem betroffen. Im Verlauf der Erkrankung können nach unseren Erkenntnissen aber auch weitere Areale erkranken – wobei Hände und Füße immer schlank bleiben.
Ein weiteres Indiz für ein Lipödem sind Druckgefühle sowie entzündliche Prozesse im erkrankten Gewebe, die Schmerzen verursachen. Die Lebensqualität erheblich einschränken kann auch eine Berührungsempfindlichkeit. Diese macht sich oftmals bereits in Alltagssituationen bemerkbar. Darüber hinaus führt die Veränderung der Fettzellen dazu, dass die betroffenen Körperteile durch Wassereinlagerungen erheblich anschwellen. Die fortgeschrittene Erkrankung zeigt sich durch große Hautlappen und Hautwülste aus Fett, Bindegewebe und Wasser. Diese beeinträchtigen die Bewegungsfähigkeit meist immens und führen unbehandelt zu Folgeerkrankungen wie Hüft-, Knie- und Sprungelenksarthrosen. Doch während viele Frauen erheblich darunter leiden, haben andere kaum Beschwerden. Dabei definieren nicht Umfang oder Stadium der Erkrankung den Beschwerdegrad, sondern die individuelle Schmerzkomponente. Deshalb ist eine gründliche und zeitintensive Anamnese unabdingbar für eine zielführende Diagnose.
Wir haben nach Diagnosestellung die Möglichkeit der konservativen Therapie. Hierbei kann man durch das Tragen von Kompressionsbekleidung ein Anschwellen der Beine über den Tag verhindern und somit auch das Schweregefühl verringern sowie Druck und Berührungsempfindlichkeit mildern. Auch Lymphdrainagen und Sportarten im Wasser wie Schwimmen, Aquajogging oder Aquagymnastik entlasten das Gewebe und verbessern den Abtransport der Flüssigkeit. Um eine dauerhafte und anhaltende Erleichterung und Volumenreduktion an den Extremitäten zu erzielen sowie eine Beschwerdelinderung oder -freiheit zu erreichen, ist die operative Therapie Mittel der Wahl. So lassen sich Schmerzen langfristig lindern, Folgeerkrankungen verhindern, und der Patientin kann die ursprüngliche Körperform zurückgeben werden – eine fachärztliche Behandlung vorausgesetzt, bei der alle betroffenen Körperareale berücksichtigt werden.