Mobbing ist gerade in Zeiten des Internets ein wichtiges und ernstes Thema. Welche Auswirkungen die extreme Ausgrenzungen auf Kinder haben und was Sie dagegen tun können, erfahren Sie hier.
Vor ein paar Wochen suchte mich ein Vater mit seinem vierjährigen Sohn in meiner Sprechstunde auf. „Mein Sohn klagt heute über heftige Bauchschmerzen. Weil das in letzter Zeit häufiger vorkommt, mache ich mir inzwischen Sorgen“, berichtete er mir. „Gibt es etwas, das sich im Leben Ihres Sohnes in letzter Zeit verändert hat?“ fragte ich den Vater, nachdem ich den Jungen eingehend untersucht hatte. Da schüttete der Vater mir sein Herz aus: „Da ist ein anderer Junge in der Kita, der meinen Sohn drangsaliert und ihn sogar erpresst, beispielsweise mit Sätzen wie: ‚Gib mir deine Holzeisenbahn, sonst spiele ich nicht mehr mit dir.‘“ Ich wandte mich an den Vierjährigen. „Möchtest du mir erzählen, was der andere Junge in der Kita macht?“, fragte ich. „Der haut oder schubst mich auch“, antwortete mir der Junge. „Und immer genau dann, wenn die Erzieherinnen es nicht sehen. Mein Sohn will deshalb schon gar nicht mehr in die Kita. Er sagt, ihm sei übel, er schläft nachts schlecht und wacht immer wieder auf“, ergänzte der Vater.
Mobbing tritt zwar meist erst im Grundschulalter auf, manchmal aber eben auch schon in der Kita. Häufig können die jungen Opfer das Problem erst mal nicht einordnen. Sie wagen es nicht, sich den Erzieherinnen oder Eltern anzuvertrauen, ziehen sich lieber zurück und leiden still. Mein Patient hatte seinen Eltern zum Glück nach einiger Zeit erzählt, was ihn bedrückt. „Machen Sie das Mobbing in der Kita zum Thema und bitten Sie die Erzieherinnen, genau hinzuschauen und entschieden gegen das Mobbing vorzugehen. Denn von selbst wird es sich nicht erledigen“, riet ich dem Vater.
Vor Kurzem rief der Vater mich an: „Alles wieder gut! Die Erzieherinnen haben mit dem Jungen gesprochen und ihm klar gemacht, dass sein Verhalten nicht in Ordnung ist und dass kein Kind erpresst oder gar geschubst oder gehauen werden darf“, berichtete mir der Vater hörbar erleichtert. Die ganze Kita-Gruppe habe darüber gesprochen, wie die Kinder miteinander umgehen können, ohne jemanden auszugrenzen, und konkrete Regeln entwickelt, wie zum Beispiel „auslachen verboten“. Jedes Kind dürfe jetzt laut „Stop!“ rufen, wenn es sich bedrängt fühle. „Und das Allerbeste: Der Junge, der meinen Sohn so geärgert hat, hat damit aufgehört. Letztens haben die beiden sogar einträchtig in der Bauecke gewerkelt, hat mir eine Erzieherin erzählt. Mein Sohn hat uns heute sogar gefragt, ob er ihn mal nach Hause zum Spielen einladen darf“, ergänzte der Vater.