06.07.2022 Arzt-Kolumne

Tagesmüdigkeit nach Corona – das hilft

Von Hartmut Grüger
Dr. med. Hartmut Grüger ist Chefarzt der Klinik für Schlafmedizin Düsseldorf, Grand Arc, und Facharzt für Innere  Medizin und Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin.
Dr. med. Hartmut Grüger ist Chefarzt der Klinik für Schlafmedizin Düsseldorf, Grand Arc, und Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin. Fotoquelle: Klinik für Schlafmedizin Düsseldorf Grand Arc

"Vor drei Monaten habe ich mich mit dem Corona-Virus infiziert, und trotzdem bin ich immer noch erschöpft und tagsüber ständig müde. Und selbst bei den geringsten körperlichen Belastungen bekomme ich Luftnot. Wie kann ich wieder fit werden?", fragte mich eine 28-jährige Patientin, die zur Untersuchung in die Klinik für Schlafmedizin kam.

Die Patientin ist kein Einzelfall. Nach aktuellen Studien zeigen etwa zehn Prozent der mit dem Corona-Virus (SARS-CoV-2) Infizierten noch länger als zwölf Wochen nach der Infektion Symptome mit neurologischen Störungen, Erschöpfung, Tagesmüdigkeit oder Belastungsluftnot. Die genauen Ursachen sind bisher nicht bekannt, es scheinen aber mehrere Faktoren beteiligt zu sein: eine fortbestehende überschießende Aktivierung des Immunsystems, eine andauernde Entzündung der Innenschicht kleiner Blutgefäße (Endothelitis) und eine Fehlfunktion des autonomen Nervensystems. Etwa ein Drittel dieser Post-Covid-Patienten beklagt ausgeprägte Tagesmüdigkeit und ein schweres Erschöpfungsgefühl, das sogenannte Chronic-Fatigue-Syndrom (CFS).

Virusinfektionen als Ursache eines CFS sind durch die WHO bereits seit 1969 bekannt und klassifiziert. Im Gegensatz zu anderen Viren wie dem Epstein-Barr-Virus als Auslöser eines CFS führt eine Covid-19-Infektion aber zu einer anderen Form und Ausprägung der Erschöpfung und Tagesmüdigkeit. Bei Post-Covid-Patienten setzt die Erschöpfung häufig erst am Folgetag nach einer körperlichen oder psychischen Belastung ein und ist nicht durch sportliches Training zu verbessern. Im Gegenteil: Schon geringe Anstrengungen können zum Rückfall führen.

Eine ursächliche Behandlung des CFS ist bisher nicht möglich. Die Behandlung richtet sich deswegen auf die Symptome aus. Daher riet ich meiner Patientin zu einem sogenannten Aktivitätsmanagement: "Wichtig ist, dass Sie Stress-Situationen und körperliche Überlastung vermeiden. Nehmen Sie die neu aufgetretenen Einschränkungen nicht nur wahr, sondern akzeptieren Sie Ihre aktuellen persönlichen Grenzen. Achten Sie unbedingt auf regelmäßige und ausreichend lange Schlafzeiten. Hilfreich sind Entspannungsverfahren wie Yoga, autogenes Training und Meditation." Zusätzlich bestehende organische Schlafstörungen wie Atempausen sollten diagnostiziert und behandelt werden. Ferner kann in spezialisierten Kliniken ein individueller Rehabilitationsplan helfen.

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