31.05.2016 Gesundheit

Arzt-Kolumne: Wie betäubt

Dr. med. Hartmut Grüger ist Chefarzt der Klinik für Schlafmedizin Düsseldorf, Grand Arc, und Facharzt für Innere  Medizin und Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin.
Dr. med. Hartmut Grüger ist Chefarzt der Klinik für Schlafmedizin Düsseldorf, Grand Arc, und Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin. Fotoquelle: Klinik für Schlafmedizin Düsseldorf Grand Arc

Schlafstörungen können viele Ursachen haben. Ihre Klärung erfordert ein ausführliches Gespräch und gründliche Untersuchungen beim Hausarzt.

Im Praxisalltag findet dieser hierfür nicht immer die gewünschte Zeit. Mit dem Griff zum Rezeptblock und der Verordnung eines Schlafmittels (Sedativum) lässt sich das Symptom scheinbar leicht behandeln. Der Einsatz von Schlafmitteln mag in Fällen angebracht sein, bei denen die Schlaflosigkeit psychogen bedingt ist.

Allerdings sollte auch die medikamentöse Therapie nicht davon ablenken, dass die Schlaflosigkeit bestimmte Ursachen, wie beispielsweise Stress, Konflikte oder fehlerhaftes Schlafverhalten, hat. Hier muss neben einer umfangreichen Beratung zur Verbesserung des Schlafverhaltens auch eine psychotherapeutische Unterstützung erfolgen.

Vorsicht bei Schlafapnoe

Es gibt jedoch Fälle, in denen die Einnahme von Schlafmitteln regelrecht gefährlich ist. Bei Vorliegen schlafbezogener Atempausen, einer sogenannten Schlafapnoe, werden die Aussetzer durch die meisten Sedativa verstärkt.

Im Schlaf kann das Rachengewebe infolge der muskelentspannenden Wirkung vieler Sedativa kollabieren. Die lebensrettende Weckreaktion des Gehirns auf den resultierenden Sauerstoffabfall erfolgt verzögert.

Der Betroffene fühlt sich am Folgetag wie gerädert und greift abends vor dem Zubettgehen wieder zur Schlaftablette, um endlich besser zu schlafen. Die Medikation mit Schlafmitteln führt hier in einen Teufelskreis, der die Erholkräfte des Schlafes immer weiter herabsetzt.

Lebensbedrohliche Entzugssymptome

Aber auch das plötzliche Absetzen von Schlafmitteln aus der Benzodiazepin-Gruppe kann nach mehrmonatigem Dauergebrauch zu schweren, bisweilen lebensbedrohlichen Entzugssymptomen führen.

Daher sollten Schlafgestörte bereits beim ersten Einsatz von Sedativa mit dem verordnenden Arzt die Frage nach dem "Wie lange?" klären und ob nicht auch jenseits von Medikamenten geeignete Therapien existieren.

Mit Schlafapnoe ist nicht zu spaßen.