04.10.2022 Arzt-Kolumne

Schwere Neurodermitis: neue Systemtherapien

Von Wiebke Sondermann
PD Dr. Wiebke Sondermann, Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universitätsmedizin Essen.
PD Dr. Wiebke Sondermann, Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universitätsmedizin Essen. Fotoquelle: Universitätsmedizin Essen

"Gibt es eine andere Therapie als Cortisonsalbe?" – das fragte mich kürzlich eine 37-jährige Patientin mit schwerer Neurodermitis. "Lange Zeit gab es nur sehr nebenwirkungsbehaftete Medikamente als Alternative. Nun stehen Ihnen gleich mehrere Systemtherapien zur Verfügung, die vergleichsweise schnell und schonend Linderung verschaffen", antwortete ich ihr.

In Deutschland sind 3,5 bis fünf Millionen Menschen von Neurodermitis betroffen: etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen und zwei bis drei Prozent der Erwachsenen. Bei Patienten mit Neurodermitis besteht aufgrund einer angeborenen Veranlagung eine geschwächte Hautbarriere sowie eine Störung des Immunsystems in der Haut. Insbesondere im Bereich der Kniekehlen, Ellenbeugen, aber auch im Nacken, Hals und Gesicht zeigen sich typischerweise stark juckende Ekzemplaques. Auslöser für einen Schub sind häufig psychischer Stress, Kontakt zu Allergenen, klimatische Bedingungen oder bei Frauen auch hormonelle Faktoren. Früher wurden schwerere Formen der Neurodermitis oft äußerlich und innerlich mit Cortison oder sogar mit Medikamenten aus der Organtransplantation behandelt.

Der Nachteil: Die Medikamente können vor allem bei längerer Anwendung zu schweren Nebenwirkungen führen. Relativ neu sind nun Systemtherapien in Form von Injektionen und Tabletten zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Neurodermitis. Alle Wirkstoffe haben gemeinsam, dass sie Entzündungsbotenstoffe bei der Neurodermitis blockieren und so die Entzündungsreaktion und den Juckreiz eindämmen. Die Therapien sind deutlich verträglicher als die bislang eingesetzten Medikamente. Nach wenigen Wochen tritt durch die Injektionen bei einem Großteil der Patienten eine deutliche Verbesserung ein. Mit den Tabletten berichten Patienten oft innerhalb weniger Tage von einer Linderung des Juckreizes. Heilbar ist die Neurodermitis damit zwar weiterhin nicht, aber die neuen Therapieformen geben Betroffenen ein großes Stück Lebensqualität zurück.

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