21.05.2019 Tiergestützten Therapie

Trost und Hilfe auf vier Beinen

Von Tonia Sorrentino

Tiere wirken beruhigend auf Menschen – und können sie auch beim Gesundwerden unterstützen. Hund, Katze und Pferd beispielsweise sind heilsame Begleiter in vielen Lebenslagen.

Tiere haben auf vielen Ebenen einen heilsamen Effekt auf Menschen. Das wird im Pflegeheim und in Seniorenresidenzen besonders sichtbar. "Die Begegnungen mit Tieren zaubern den meisten Menschen einfach ein Lächeln ins Gesicht", sagt Angela Zimmermann, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für tiergestützte Therapie e. V. (DGTT). Internationale Studien gehen noch weiter: Sie belegen den Erfolg therapeutischer und pädagogischer Aktivitäten mit Tieren, die für die Arbeit an Menschen ausgebildet wurden.

Für das Tier ist jeder gleich

Ein entspannter Hund neben uns kann – Tierliebe vorausgesetzt – den Blutdruck regulieren und Muskeln entspannen. In Anwesenheit des Vierbeiners schüttet unser Körper das Wohlfühlhormon Oxytocin aus. Bei der motorischen Rehabilitation motivieren vor allem Hunde Klienten dazu, Bewegungen auszuführen – etwa, um das Tier streicheln zu können oder einen Ball zu werfen. Ein weiterer Vorteil: Der Vierbeiner ist gegenüber Menschen von Natur aus komplett unvoreingenommen: "Es ist egal, wie man aussieht, ob man vernarbt, aufgrund einer Sucht ungepflegt ist oder eine Behinderung hat", sagt Zimmermann. Diese Wertschätzung führe beispielsweise bei verhaltensauffälligen Jugendlichen zu einem faireren Miteinander. "Sie geben sich mehr Mühe im Sozialverhalten und sind weniger aggressiv."

Verantwortung für ein Tier zu übernehmen, fördert den Aufbau von Tagesroutine ebenso wie die Erfahrung, selbst eine Wirkung erzielen zu können. Letzteres ist vor allem in der stationären Kinder- und Jugendhilfe relevant. Im Kontakt zu Behörden erweisen sich Hunde als Türöffner: "Da kommt nicht mehr die Frau vom Amt, sondern die Frau mit dem Hund zu Besuch", so Zimmermann. In der Traumatherapie ermöglichen Tiere Betroffenen etwa nach Missbrauchserfahrungen, wieder mit einem Lebewesen in Kontakt zu treten.

Emotionaler Türöffner

Anders als Hunde seien Pferde Fluchttiere, sagt Zimmermann. "Man muss behutsam lernen, seine Körpersprache richtig einzusetzen. Dieses große Tier reagiert nicht auf Kraft, sondern auf kleinste Regungen." Gelinge dies, entwickle sich oft eine fast magische Verbindung – beim therapeutischen Reiten ebenso wie bei der Bodenarbeit. "Das hilft Menschen, Dinge wieder zuzulassen, sich emotional zu öffnen, aber auch, ihre eigenen Grenzen zu spüren", sagt Zimmermann.

Katzen faszinieren den Menschen mit ihrer Ambivalenz von Nähe und Distanz. Sie werden gern stationär eingesetzt, etwa in Pflegeheimen. Auch sie unterstützen über Körperkontakt unter anderem Heilprozesse im Körper. Katzen, aber auch Hunde spielen zudem in der Arbeit mit Demenzpatienten eine wesentliche Rolle. "Sie sprechen die Menschen auf tieferer emotionaler Ebene an und aktivieren Erinnerungen an längst vergangene, oft schöne Aspekte ihres Lebens."

Der Ansatz bei jeder tiergestützten Therapie ist stets spielerisch, entspannt. Hund, Katze und Co. fungieren mehr als Brücke zwischen Klienten und Therapeuten – weniger als direktes Mittel, um Sprach-, Bewegungs- oder das kognitive Zentrum zu beeinflussen. Tiere nehmen dem therapeutischen Kontext seinen Ernst, und man kann zwischendurch den Fokus verändern.

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